Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. 28.05.1999, 35-S 7030-14/74-29349
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für die umsatzsteuerliche Behandlung der Fiskalvertretung folgendes:
I. Allgemeines
1. Durch das Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Umsatzsteuer-Änderungsgesetz 1997; BGBl. 1996 I S. 1851, BStBl 1996 I S. 1560) ist das Institut der Fiskalvertretung in das Umsatzsteuerrecht eingeführt worden, §§ 22 a bis 22 e UStG. Die Regelungen sind am 1. Januar 1997 in Kraft getreten.
2. Die Fiskalvertretung soll die Durchführung des Besteuerungsverfahrens für im Ausland ansässige Unternehmer (Vertretene) vereinfachen. Die Vereinfachung besteht darin, dass eine steuerliche Registrierung dieser Unternehmer bei einem Finanzamt vermieden werden und gleichwohl die Erfüllung der Verpflichtungen zur Abgabe von Erklärungen und Zusammenfassender Meldungen dadurch erreicht werden kann, dass sie im Inland einen Fiskalvertreter bestellen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vertretenen die Voraussetzungen des § 22 a Abs. 1 UStG (vgl. Tz. 5 bis 10) erfüllen.
3. Zur Fiskalvertretung sind die in §§ 3 und 4 Nr. 9 Buchst. c Steuerberatungsgesetz – StBerG – genannten Personen befugt (vgl. Tz. 11).
4. Der Fiskalvertreter hat bei dem für seine Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt unter einer für die Fiskalvertretung gesondert erteilten Steuernummer die umsatzsteuerlichen Pflichten sämtlicher durch ihn vertretenen ausländischen Unternehmer als eigene Pflichten zu erfüllen (vgl. Tz. 17 bis 20).
II. Anwendungsbereich der Fiskalvertretung, § 22 a Abs. 1 UStG
5. Die Fiskalvertretung beschränkt sich auf die Fälle, in denen der Vertretene im Inland ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt und keine Vorsteuerbeträge abziehen kann. Der Vertretene darf weder im Inland (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) noch in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete seinen Wohnsitz (§ 8 AO), seinen Sitz (§ 11 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder Zweigniederlassung (§ 12 Nr. 2 AO) haben. Abschnitt 240 Abs. 1 und 2 UStR ist entsprechend anzuwenden.
Als Anwendungsfälle der Fiskalvertretung kommen insbesondere in Betracht:
a. steuerfreie Einfuhren, an die sich unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG),
b. steuerfreie innergemeinschaftliche Erwerbe, an die sich unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt (§ 4 b Nr. 4 UStG),
c. steuerfreie grenzüberschreitende Beförderungen von Gegenständen im Sinne des § 4 Nr. 3 UStG, sofern der Unternehmer keine Lieferungen oder sonstige Leistungen bezieht, für die er die Vorsteuer nach § 15 UStG abziehen kann.
6. Beispiel:
Der in Belgien ansässige Unternehmer B bestellt bei dem Hersteller P in Polen eine Maschine. Die Lieferkondition lautet „verzollt und versteuert”. Mit der Beförderung der Ware an B beauftragt P den in Deutschland ansässigen Frachtführer D. Die Maschine wird in Frankfurt/Oder zum freien Verkehr abgefertigt, die Kosten der Beförderungsleistung werden in die Bemessungsgrundlage der Einfuhr einbezogen.
Der Ort der Lieferung läge grundsätzlich in Polen. Da aber P bzw. sein Beauftragter D Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, verlagert sich der Ort der Lieferung ins Inland, § 3 Abs. 8 UStG. P erbringt im Inland eine innergemeinschaftliche Lieferung, die nach § 4 Nr. 1 Bucht. b i.V.m. § 6 a UStG steuerfrei ist. Die Einfuhr ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG steuerfrei, da sich an die Einfuhr unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt. Der auf das Inland entfallende Teil der Beförderungsleistung des D ist steuerfrei nach § 4 Nr. 3 UStG.
P kann für seine Erklärungspflichten in Deutschland einen Fiskalvertreter bestellen, sofern er im Inland ausschließlich steuerfreie Umsätze ausgeführt hat und keinen Anspruch auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen hat.
7. Die Fiskalvertretung ist ausgeschlossen, wenn der Vertretene im Inland neben seinen steuerfreien Umsätzen auch steuerpflichtige Umsätze ausführt, also auch dann, wenn der Vertretene
a. steuerpflichtige Werklieferungen oder sonstige Leistungen ausführt, für die der Leistungsempfänger das Abzugsverfahren durchzuführen hat oder bei denen die Null-Regelung gemäß § 52 Abs. 2 UStDV angewendet werden kann,
b. steuerpflichtige Umsätze ausführt, für die gemäß § 18 Abs. 7 UStG i.V.m. §§ 49 und 50 UStDV auf die Erhebung der darauf entfallenden Steuer verzichtet wird,
c. für den gleichen Zeitraum am Vorsteuer-Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG teilnimmt,
d. innergemeinschaftliche Erwerbe im Rahmen von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften tätigt, die nach § 25 b Abs. 3 UStG als besteuert gelten, und steuerpflichtige Lieferungen im Rahmen von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften erbringt, für die die Steuer vom letzten Abnehmer gemäß § 25 b Abs. 2 UStG geschuldet wird,
e. Empfänger einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung eines im Ausland ansässigen Unter...