Leitsatz
1. Wird Edelmetall aus dem Privatvermögen im Wege eines echten Edelmetall-Pensionsgeschäfts übertragen und zurückübertragen, liegt mangels eines marktoffenbaren Vorgangs kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Dies gilt auch für im Gegenzug übertragene Fremdwährungsguthaben. Der Pensionsgeber erzielt insoweit sonstige Einkünfte aus Leistungen.
2. Erfasst wird bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte des Pensionsgebers aus Leistungen nur der (positive oder negative) "Spread" aus dem Pensionsgeschäft. Auch im Falle eines negativen "Spread" liegt die Einkünfteerzielungsabsicht vor, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände feststeht, dass das Pensionsgeschäft der Erwerbssphäre und nicht der Privatsphäre zuzuordnen ist.
3. Fließt der "Spread" in einer fremden Währung zu, muss der Betrag im Zeitpunkt des Zu- oder Abflusses (einmal) in inländische Währung umgerechnet werden. Ein positiver "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Kaufpreises" zu, ein negativer "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Rückkaufpreises" ab.
Normenkette
§ 22 Nr. 3, § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, § 340b HGB
Sachverhalt
Der verstorbene Vater der Klägerinnen hatte erhebliche Edelmetallbestände (Gold, Platin) bei Schweizer Banken deponiert. Auf Vorschlag der Banken verpensionierte er Teile dieser Bestände vorübergehend an die jeweilige Depotbank und vereinnahmte im Gegenzug überwiegend positive Differenzzahlungen. Mit den vorübergehend überlassenen USD-Guthaben erzielte er daneben Zinseinkünfte, sodass das Pensionsgeschäft auch bei einem negativen "Spread" für ihn vorteilhaft war.
Nach einer Selbstanzeige des Erblassers erfasste das FA die Kapitaleinkünfte sowie aus den Pensionsgeschäften sonstige Einkünfte aus Leistungen ("Spread"), die es ermittelte, indem es den Geldfluss jeweils im Zeitpunkt des Empfangs und der Rückgabe in EUR umrechnete. Das FG hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben mit der Maßgabe, dass der Geldbetrag nur einmal umgerechnet wird im Zeitpunkt des Zu- bzw. Abflusses (Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 27.3.2019, 3 K 769/16, Haufe-Index 13582170, EFG 2020, 24).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Im Ergebnis bestätigte der BFH das angefochtene Urteil in vollem Umfang.
Abgrenzung zu Cum-ex-Geschäften
Pensionsgeschäfte sind auch Gestaltungselemente von Cum-ex-Geschäften. Darauf dürfte das Besprechungsurteil jedoch keine Auswirkungen haben. Insbesondere die umstrittene Frage, ob dabei das wirtschaftliche Eigentum übergeht (vgl. dazu auch BMF-Schreiben vom 9.7.2021, IV C 6 – S 2134/19/10003:007: Wirtschaftliche Zurechnung bei Wertpapiergeschäften, BStBl I 2021, 1002), hat der Senat konsequent ausgeklammert, indem er den marktoffenbaren Vorgang im Veräußerungsbegriff vom Abgrenzungskriterium zum Tatbestandsmerkmal erhoben hat. Diese Entwicklung dürfte allerdings über den Bereich der Pensionsgeschäfte hinaus von Bedeutung sein.
Hinweis
Edelmetall-Pensionsgeschäfte im Privatvermögen dürften äußerst selten sein. Im Streitfall ging es um Geschäfte mit schweizerischen Großbanken, die erst durch eine Selbstanzeige bekannt geworden waren. Streitig war nur noch die Ermittlung der Einkünfte beim Pensionsgeber.
1. Zwar waren sich die Beteiligten einig, dass der Pensionsgeber sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG erzielt. Das Ergebnis wird vom BFH auch bestätigt, jedoch mit ausführlicher und teilweise abweichender Begründung.
a) Keine Veräußerung/Anschaffung mangels marktoffenbarer Vorgänge. Umfangreich begründet der BFH, weshalb der Pensionsgeber das Pensionsgut nicht veräußert und wieder anschafft, obwohl er vom Pensionsnehmer bei Hingabe des Pensionsguts im Gegenzug eine am Verkehrswert des Edelmetalls orientierte Geldleistung (in USD) zur freien Verfügung erhält und diese bei Rückgabe des Pensionsguts zurückgeben muss. Der Grund dafür ist, dass der zurückzugebende Geldbetrag bereits bei Abschluss des Geschäfts fest vereinbart wird. Er kann zwar vom empfangenen Betrag nach oben oder unten abweichen ("Spread"). Die Differenz ergibt sich jedoch nicht aus einer Bewertung des Pensionsguts (und des im Gegenzug übertragenen Geldbetrags) bei der jeweiligen Hin- und Rückgabe, sondern aus einer Saldierung der wechselseitigen Sachdarlehenszinsen, die für die Pensionszeit jeweils zugrunde gelegt werden (Sachdarlehen Pensionsgut vs. Sachdarlehen Fremdwährungsguthaben). Das Pensionsgeschäft ist bei dieser Ausgestaltung also nicht darauf angelegt, den jeweiligen Sachwert zu realisieren. Das genügt, um den Tatbestand der Veräußerung/Anschaffung zu verneinen.
b) Auf die Frage, ob der Pensionsnehmer auch wirtschaftlicher Eigentümer des Pensionsguts wird, kommt es danach nicht mehr an. Wäre das zu verneinen, wäre zwar auch aus diesem Grund eine Veräußerung nicht anzunehmen. Der BFH lässt aber durchblicken, dass er im Regelfall von einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums ausgeht. Indes bedurfte es dazu keiner Entscheidung. Keine Rückschlüsse können allerdings aus § 340b HGB gezogen werden. Denn...