OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.4.2015, S 2245 A - 11 - St 210
Bezug: BMF-Schreiben vom 22.10.2004 (BStBl 2004 I S. 1030)
Zur Einordnung der Einkünfte aus der Tätigkeit im Rahmen eines Heil- oder Heilhilfsberufs als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Einen Heil- oder Heilhilfsberuf übt derjenige aus, dessen Tätigkeit der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dient. Dazu gehören auch Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege.
Soweit Heil- oder Heilhilfsberufe nicht zu den Katalogberufen zählen, ist ein solcher Beruf einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufs mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufs vergleichbar ist. Dazu gehören die Vergleichbarkeit der jeweils ausgeübten Tätigkeit nach den sie charakterisierenden Merkmalen, die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der Bedingungen, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufs knüpft.
Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit ist regelmäßig auf die Katalogberufe des Heilpraktikers oder Krankengymnasten abzustellen. Dies bedeutet für die einzelnen Tatbestandsmerkmale Folgendes:
1. Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit
Die ausgeübte Tätigkeit ist den o.g. Katalogberufe ähnlich, wenn sie der Ausübung der Heilkunde dient.
2. Vergleichbarkeit der Ausbildung
Die Ausbildung ist den o.g. Katalogberufe ähnlich, wenn sie als mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird.
3. Vergleichbarkeit der gesetzlichen Bedingungen an die Ausbildung
Es müssen vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung vorliegen.
a) Berufsrechtliche Regelung
Für den zu beurteilenden Beruf muss ein bundeseinheitliches Berufsgesetz existieren, in dem die Ausbildung und Ausübung geregelt sind.
b) Staatliche Erlaubnis der Berufsausübung
Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis bedürfen.
c) Staatliche Überwachung
Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer staatlichen Überwachung durch die jeweils zuständige Behörde (z.B. Gesundheitsamt) unterliegen.
Abweichend von den unter a) bis c) dargestellten Grundsätzen stellt die Zulassung des jeweiligen Steuerpflichtigen oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten ähnlichen Tätigkeit dar. Fehlt es an dieser Zulassung, kann durch ein Gutachten nachgewiesen werden, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. BFH-Urteil vom 28.8.2003, BStBl 2004 II S. 954).Nach den vorgenannten Grundsätzen üben demnach folgende Berufsgruppen eine freiberufliche Tätigkeit aus:
- Altenpfleger, soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt (ab 1.8.2002)
- Diätassistenten
- Ergotherapeuten
- Fußpfleger, medizinische (ab 1.1.2003)
- Hebammen/Entbindungspfleger
- Krankenpfleger/Krankenschwestern, soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt
- Logopäden
- staatliche geprüfte Masseure, Heilmasseure, soweit diese nicht lediglich oder überwiegend kosmetische oder Schönheitsmassagen durchführen
- medizinische Bademeister, sowie diese auch zur Feststellung des Krankheitsbefunds tätig werden oder persönliche Heilbehandlungen am Körper des Patienten vornehmen
- medizinisch-technische Assistenten (MTA)
- Orthoptisten
- Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (ab 1.1.1998)
- Podologen (ab 1.1.2002)
- Rettungsassistenten
- Zahnpraktiker
Dieses Schreiben tritt an die Stelle des Schreibens vom 3.3.2003 (BStBl 2003 I S. 183) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Zusätze der OFD:
Es werden zunehmend Fälle bekannt, in denen Krankengymnasten in ihren Praxen Fitnessgeräte zur Nutzung im Rahmen des sog. „medizinischen Gerätetrainings” (MGT) anbieten. Beim MGT handelt es sich regelmäßig um eine reine Präventivmaßnahme im Anschluss an eine ärztlich verordnete Maßnahme. Eine ärztliche Verordnung liegt beim MGT regelmäßig nicht vor.
Die Krankengymnasten treten insoweit in Wettbewerb zu den Betreibern gewerblicher Fitnessstudios. Soweit Krankengymnasten MGT anbieten, handelt es sich nicht mehr um eine heilberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Aus dem MGT erzielen die Krankengymnasten vielmehr gewerbliche Einkünfte. Dies gilt auch dann, wenn – ausnahmsweise – für ein MGT eine ärztliche Verordnung vorliegen sollte.
Zur ertragsteuerlichen Behandlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit...