BMF, Schreiben v. 26.10.2005, IV C 5 - S 2353 - 211/05 , BStBl I 2005, 960
Mit den Urteilen vom 11.5.2005 (VI R 25/04, VI R 16/04, VI R 7/02, VI R 34/04 und VI R 70/03) hat der BFH teilweise seine Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern mit Einsatzwechseltätigkeiten geändert, die sich auf die LStR und LStH auswirkt. Hierzu gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
I. Regelmäßige Arbeitsstätte (R 37 Abs. 2 LStR)
Der BFH hat mit Urteil vom 11.5.2005, VI R 25/04 (BStBl 2005 II S. …) entschieden, regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte innehat, richtet sich nicht danach, welche Tätigkeit er an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat bzw. welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukommt. Wo der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit liegt, bestimmt sich nicht nach zeitlichen oder qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung. Entscheidend ist, ob ein Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers oder sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtungen, denen er zugeordnet ist, nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Nach dem BFH-Urteil vom 11.5.2005, VI R 16/04 (BStBl 2005 II S. …) entspricht der Begriff des Tätigkeitsmittelpunkts im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG dem Begriff der (regelmäßigen) Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Die BFH-Urteile sind allgemein anzuwenden. R 37 Abs. 2 Sätze 1 und 3 LStR werden davon nicht berührt; Satz 2 ist überholt.
Hieraus folgt, dass auch ein Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, der den Betrieb des Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder anfährt, um von dort weiter zur Einsatzstelle zu fahren oder befördert zu werden, im Betrieb des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte begründet. Für die Wege zwischen Wohnung und Betrieb ist die Entfernungspauschale anzusetzen. Mit Verlassen des Betriebs beginnt die Auswärtstätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG. Die Abwesenheitszeiten sind ab Verlassen des Betriebs zu ermitteln. Auch für die Ermittlung der Fahrt- und Übernachtungskosten sind Dienstreisegrundsätze anzuwenden.
Soweit die Fahrten von der Wohnung ständig zu einem gleich bleibenden Treffpunkt außerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung führen, ist für die Wege zwischen Wohnung und Treffpunkt die Entfernungspauschale anzusetzen (>H 38 (Einsatzwechseltätigkeit) LStH).
II. Ständig wechselnde Tätigkeitsstätten (Einsatzwechseltätigkeit) mit auswärtiger Übernachtung
Der BFH hat mit Urteilen vom 11.5.2005, VI R 7/02 und VI R 34/04 (BStBl 2005 II S. …) entschieden, ein Arbeitnehmer, der typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten beruflich tätig ist und dabei am Ort einer solchen auswärtigen Tätigkeitsstätte vorübergehend eine Unterkunft bezieht, begründet keine doppelte Haushaltsführung (Änderung der Rechtsprechung).
Die BFH-Urteile sind allgemein anzuwenden.
Hieraus folgt, dass bei einem Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten und Übernachtung am auswärtigen Tätigkeitsort die Übernachtungs- und Fahrtkosten in vollem Umfang und zeitlich unbegrenzt als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar sind. Der Ersatz dieser Aufwendungen durch den Arbeitgeber ist nach § 3 Nr. 13 und 16 EStG steuerfrei. R 43 Abs. 12 LStR ist überholt.
Bei Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten und Übernachtung am auswärtigen Tätigkeitsort können die Unterkunftskosten zeitlich unbegrenzt als Werbungskosten abgezogen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. R 40 Abs. 3 LStR ist anzuwenden.
Die Fahrtkosten für die Wege zwischen Wohnung und dem Tätigkeitsort und – unabhängig von der Entfernung – für die Wege zwischen auswärtiger Unterkunft und Tätigkeitsstätte können in tatsächlicher Höhe oder mit pauschalen Kilometersätzen (>H 38 (Pauschale Kilometersätze) LStH) als Werbungskosten abgezogen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden (R 38 Abs. 1 und 4 LStR). In diesen Fällen ist die 30-km-Grenze nach R 38 Abs. 3 LStR nicht zu beachten.
Bei Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten und auswärtiger Unterkunft ist für die Ermittlung der Verpflegungsmehraufwendungen auf die Abwesenheitszeit von der Heimatwohnung abzustellen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG ist der Werbungskostenabzug von Verpflegungsmehraufwendungen bzw. die steuerfreie Erstattung auf die ersten drei Monate der Tätigkeit an derselben auswärtigen Tätigkeitsstätte beschränkt. Für den Neubeginn der Dreimonatsfrist gilt R 37 Abs. 3 LStR entsprechend. Die Dreimonatsfrist ist für das Jahr 2005 noch nicht anzuwenden (BM...