Leitsatz
Die Veranstaltung eines jeweils einmal jährlich stattfindenden Dorf- oder Volksfestes ist keine Leistung aus der Tätigkeit als Schausteller und erfüllt nicht die Kriterien eines Konzertes.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Gemeinde, die einmal jährlich an einem Wochenende im September ein Dorffest im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art veranstaltet. Neben Aufführungen örtlicher Vereine und Angeboten von Fahrgeschäften als Belustigungsprogramm werden auch Stimmungsmusik auf einer Festwiese und Live-Musik-Veranstaltungen im Festzelt geboten. Mit den auftretenden Musikkapellen und Gruppen schließt sie hierzu Engagement- bzw. Konzertverträge ab, in denen neben der Vergütung die Auftrittszeiten und der Auftrittsort festgelegt werden. Gegenüber den Besuchern tritt die Gemeinde als Gesamtveranstalter auf eigene Rechnung auf und erzielt Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten. Sie sorgt für den Veranstaltungsraum mit Bühnen, den notwendigen Strom, erwirbt die GEMA-Rechte und erbringt darüber hinaus diverse Organisationsleistungen. Nach Ansicht der Gemeinde unterliegen die Eintrittsgelder dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, während das Finanzamt auf eine Besteuerung zum Regelsteuersatz besteht.
Entscheidung
Die Klage vor dem FG wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer für Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler auf 7 %. Nach dem BFH, Urteil v. 26.4.1995, XI R 20/94 muss das Konzert den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen. Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Da die Musikaufführungen nur ein Teil des Gesamtprogramms sind und nicht den Hauptzweck des Festes ausmachen, kommt die Steuerermäßigung für "Konzerte" nicht in Betracht. Gleiches gilt für die Steuerermäßigung wegen Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Als solche Leistungen gelten nach § 30 UStDV Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen. Bei dem von der Gemeinde durchgeführten Dorffest handelt es sich zwar um ein Volksfest oder einem diesen ähnliche Veranstaltung, jedoch ist die Gemeinde nach dem Gesamtbild der Veranstaltung nicht selbst als Schausteller im Sinne der Ermäßigungsvorschrift tätig. Insbesondere ist die Planung und Organisation eines jährlichen Festes keine gewerbsmäßige schaustellerische Leistung.
Hinweis
Das Thüringer FG urteilt abweichend von der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 13.4.2010, 5 K 7215/06 B). In diesem Urteil wird ausgeführt, dass bei der jährlichen Veranstaltung eines Volksfestes durch eine GmbH, bei dem es zu Schaustellungen, Musikaufführungen und unterhaltenden Vorstellungen durch von der GmbH engagierte Künstler kommt, die aus dem Verkauf von Eintrittskarten erzielten Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a oder d UStG der ermäßigten Besteuerung unterliegen. Dieser Auffassung schließt sich das Thüringer FG jedoch nicht an, da im vorliegenden Streitfall die Gemeinde nach dem Gesamtbild des Sachverhaltes gerade nicht als Schausteller im Sinne des Ermäßigungstatbestandes tätig geworden sei. Offenbar soll es eine Rolle spielen, ob die Gemeinde eigene Anlagen wie Bühnen und sonstige Ausstattungen bestellen und selbst auf- und abbauen musste, um die Veranstaltung durchführen zu können, was vorliegend nicht der Fall war.
Im Hinblick auf die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg v. 13.4.2010 wurde die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ausdrücklich zugelassen. Das Verfahren ist zwischenzeitlich unter dem Aktenzeichen XI R 42/12 beim BFH anhängig.
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil vom 14.06.2012, 1 K 810/11