Leitsatz
Die KSt-Befreiung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, endet, wenn die eigentliche steuerbegünstigte Tätigkeit eingestellt und über das Vermögen der Körperschaft das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 52, § 53, § 60 Abs. 2, § 63 Abs. 1 und 2 AO
Sachverhalt
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Stiftung. Das Konkursverfahren war Ende 1997 eröffnet worden und ist bislang nicht abgeschlossen.
Nach ihrer Satzung betätigte sich die Stiftung selbstlos und in gemeinnütziger Weise vornehmlich in der Jugend- und Suchtkrankenhilfe sowie in der Arbeit für psychisch Kranke.
Sie betrieb psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstellen, eine Fachklinik als Rehabilitationseinrichtung für Suchtkranke sowie ein Alten- und Pflegeheim. Ihr Stiftungsvermögen bestand unter anderem aus einem bebauten Grundstück. Das FA stellte die Stiftung bis einschließlich 1997 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt frei.
Im November 1996 gliederte die Stiftung den Bereich der stationären und ambulanten Suchthilfebetreuung auf eine neu gegründete GmbH aus, deren Stammkapital sie zu 80 % hielt. Ihr Grundstück vermietete sie an eine als gemeinnützig anerkannte Einrichtung.
Den Pachtvertrag für das Alten- und Pflegeheim kündigte sie ab Dezember 1997. Das Haus wurde vom folgenden Tag an von einer anderen Gesellschaft gepachtet und unter anderem Namen als Alten- und Pflegeheim fortgeführt. Spätestens Ende 1997 stellte die Stiftung sämtliche früheren Tätigkeiten ein. Seit 1998, dem Streitjahr, erwirtschaftete sie neben den Mieteinnahmen aus ihrem Grundbesitz nur noch Zinseinnahmen aus bestehenden Bankguthaben (Gewinn 1998: 64.593,32 DM).
Das FA war der Auffassung, die Stiftung sei ab 1998 nicht mehr steuerbefreit.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das FG statt (EFG 2006, 1195).
Entscheidung
Der BFH nahm hingegen an, die Stiftung erfülle die gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen mit Konkurseröffnung nicht mehr. Sie sei auf Abwicklung gerichtet, nicht auf die Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke.
Hinweis
Mit Urteil vom 23.7.2002, I R 27/02 (BFH-PR 2003, 101) hatte der BFH entschieden, dass Tätigkeiten einer neu gegründeten Körperschaft, die die Verwirklichung der steuerbegünstigten Satzungszwecke nur vorbereiten – wie z.B. der Aufbau einer Vereinsorganisation, das Einsammeln von Mitteln zur Erfüllung der Satzungszwecke –, ausreichen, um die tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu erfüllen. Die Tätigkeiten müssen lediglich ernsthaft auf die Erfüllung eines steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks gerichtet sein. Nur die bloße Absicht, zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen, genügt nicht.
Im Gegensatz zu jener Entscheidung ging es nunmehr nicht um den Beginn, sondern um das Ende einer gemeinnützigen Aktivität und deren steuerliche Anerkennung: Was geschieht, wenn die betreffende Körperschaft in Insolvenz (oder früher in Konkurs) fällt und sie nur noch abgewickelt wird?
Der Kläger im Urteilsfall sah hier eine Parallele zu der Situation bei einer neu gegründeten Körperschaft; er berief sich deshalb auf jenes Urteil aus dem Jahr 2002.
Anders jedoch der BFH:
Mit der Eröffnung des (Konkurs- oder) Insolvenzverfahrens sei die Ära der Gemeinnützigkeit regelmäßig zu Ende. Denn fortan sei Ziel verbliebener Aktivitäten nur noch die Abwicklung und eben nicht das Verwirklichen der satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke. Darin unterscheide sich die Perspektive derjenigen Körperschaft, die die Gemeinnützigkeit noch "vor sich habe", gegenüber jener, die dieselbe "hinter sich habe".
Konsequenz: Auch Spenden dürfen sonach fortan nicht mehr als solche bescheinigt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.5.2007, I R 14/06