Leitsatz
Jeder der → Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb ist binnen einer Frist von 3 Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen (§ 30 ErbStG). Die Anzeige soll das Finanzamt in die Lage versetzen, zu prüfen, ob ein erbschaft- bzw. schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt und ob deshalb in ein Besteuerungsverfahren einzutreten ist. Wird die Anzeigepflicht nicht erfüllt , wirkt sich dies insbesondere durch verlängerte Verjährungsfristen aus (→ Verjährung, steuerliche ). Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO tritt eine Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung ein. Für eine Erbschaftsteuerfestsetzung ist es deshalb von Bedeutung, ob eine Anzeigepflicht besteht und wer die Anzeige zu erfüllen hat. Keine Anzeigepflicht besteht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt. Dies ist im Allgemeinen aus einem von einem Gericht eröffneten Testament erkennbar. Ist jemand in einem Testament als Ersatzerbe eingesetzt, besteht nur bezüglich des Eintritts des Ersatzerbfalls, aber nicht bezüglich des Nichteintritts eine Anzeigepflicht. Liegen Ausnahmetatbestände von der Anzeigepflicht vor, kann die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist auch dann nicht eintreten, wenn der Erwerber bzw. der Testamentsvollstrecker nach Ablauf der Festsetzungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert wird und diese verspätet abgibt.
Ist vom Erblasser ein Testamentvollstrecker bestellt worden, hat dieser nur die Anzeige- und Erklärungspflichten der Erben zu erfüllen. Für Personen, denen infolge des Erbfalls schuldrechtliche Ansprüche erbrechtlicher Natur gegenüber den Erben zustehen, z. B. Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigten, Erbersatzanspruchsberechtigte, hat der Testamentsvollstrecker ohne besondere ausdrückliche Anordnung keine steuerlichen Verpflichtungen. Das bedeutet, dass die Verletzung von Anzeige- und Erklärungspflichten durch den Testamentsvollstrecker insoweit keine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist gegenüber diesem Erwerberkreis auslösen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 09.06.1999, II B 101/98
Anmerkung: Es ging um die Verjährung einer Steuerfestsetzung 6 Jahre nach dem Erbfall gegen eine Vermächtnisnehmerin. Da diese wegen der gerichtlichen Testamentseröffnung nicht anzeigepflichtig und der vom Erblasser bestimmte Testamentsvollstrecker nicht erklärungspflichtig war, konnte durch Verletzung der Anzeigepflicht bzw. verspätete Abgabe der Erbschaftsteuererklärung der Ablauf der normalen 4-jährigen Festsetzungsfrist (beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist) nicht gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO gehemmt werden. Die Erbschaftsteuerfestsetzung war demnach verjährt und damit unbeachtlich.