Leitsatz

Soweit Gewerbetreibende in das Handelsregister eingetragen sind, ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr und nicht wie es ansonsten § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG vorschreibt, nach dem Kalenderjahr zu ermitteln. Für die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs ist ein Einverständnis des Finanzamts nicht erforderlich, da § 4a Abs. 2 Satz 2 EStG dies nur für eine Umstellung des Wirtschaftsjahrs, nicht aber für die erstmalige Wahl bei Gründung vorsieht.

 

Sachverhalt

Klägerin ist eine im Januar 1992 zum 1. Februar 1992 errichtete GmbH & Co. KG, die ins Handelsregister eingetragen wurde und als Geschäftsjahr den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Januar des Folgejahres wählte. Aufgabe der Klägerin war es, als Holding verschiedener Beteiligungsgesellschaften zu fungieren, deren Abschlüsse stets zum 31. Dezember aufgestellt wurden. Aufgrund des gewählten abweichenden Wirtschaftsjahres reichte die KG keine Feststellungserklärung für das Streitjahr 1992 ein, da nach ihrer Ansicht ein Gewinn erst mit Ablauf des ersten Wirtschaftjahres zum 31. Januar 1993 entstanden sei und folglich erst für das Jahr 1993 eine Feststellungserklärung abzugeben sei. Dies tat die KG am 5. Dezember 1994, woraufhin ein Feststellungsbescheid 1993 unter Vorbehalt der Nachprüfung erging. In der nachfolgenden steuerlichen Außenprüfung sah der Betriebsprüfer in der Wahl des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs einen Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO und trug den ursprünglich in 1993 berücksichtigten Gewinn in das Jahr 1992 zurück. Die Klägerin erhob hiergegen Einspruch, der jedoch als unbegründet zurückgewiesen wurde, so dass sie schließlich Klage einreichte. Ihr Ziel war es, das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr beibehalten zu dürfen und sie beantragte, den Feststellungsbescheid 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Eine Feststellung für das Streitjahr 1992 hatte nicht zu erfolgen, da in diesem Jahr bei der KG kein Gewinn angefallen ist. Ursächlich hierfür ist die Wahl des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs, welches erst am 31. Januar 1993 endete. Damit gilt der Gewinn dieses abweichenden Wirtschaftsjahres gem. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG erst im Veranlagungsjahr 1993 als bezogen. Die Klägerin war in der hier erstmaligen Wahl des abweichenden Wirtschaftsjahrs frei, da sie ins Handelsregister eingetragen ist. Weder musste sie daher ihr erstes Wirtschaftsjahr zum Ende des Kalenderjahres enden lassen, da die erstmalige Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs im alleinigen, freien Ermessen des ins Handelsregister eingetragenen Steuerpflichtigen steht (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Noch war sie gesetzlich gezwungen, ein Wirtschaftsjahr von weniger als zwölf Monaten ansetzen, da § 8b EStDV zwar ein Wahlrecht, aber keine Pflicht für kürzere Wirtschaftsjahre bei Betriebseröffnung regelt. Eine zustimmungspflichtige Umstellung des Wirtschaftsjahrs stellt diese Wahl des abweichenden Wirtschaftsjahres aufgrund der Erstmaligkeit ebenfalls nicht dar. Ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO kann daher nicht vorliegen. Er kann laut FG auch deswegen nicht vorliegen, weil es schon an der für den Gestaltungsmissbrauch notwendigen Gestaltung des Wirtschaftsjahrs durch die Klägerin fehle, da das ungekürzte Wirtschaftsjahr der gesetzliche Normalfall sei und erst die Abkürzung des Wirtschaftsjahrs durch die Klägerin eine Gestaltung sei. Die durch die Abweichung des Wirtschaftsjahrs entstehende Steuerpause sei zudem durch nachvollziehbare außersteuerliche Gründe, wie die zeitliche Karenz zwischen den Jahresabschlüssen der Tochtergesellschaften und der KG, bedingt. Auch aus diesem Grund kann ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO nicht vorliegen.

 

Hinweis

Wie das FG hier richtig feststellte, regelt § 8b EStDV keinen "Gesetzesbefehl, bei Betriebseröffnung ein verkürztes Wirtschaftsjahr zu wählen". Erstmalig abweichende Wirtschaftsjahre sollten und können daher grundsätzlich nach den (außersteuerlichen) Bedürfnissen des Steuerpflichtigen gewählt werden. Auf die Entstehung des Steueraufkommens ist hierbei zu allerletzt zu achten. Die Auffassung des betreffenden FA in dieser Sache ist daher geradezu aberwitzig, hieße dies doch, dass obwohl weitere außersteuerliche Gründe für die Begründung eines abweichenden Erstwirtschaftsjahres vorliegen, ein solches - kraft Gesetzes - stets versagt bliebe und zwingend ein die Kalenderjahrkonformität herstellendes Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden sei. Genau dies aber regelt § 8b EStDV nicht.

Zu beachten ist bei der Wahl eines erstmalig abweichenden Wirtschaftsjahres jedoch, dass die hierbei eintretende Steuerpause einmalig, nämlich ausschließlich nach dem Erstjahr eintritt. Diesem einmaligen "Vorteil" stehen jedoch u.U. laufende "Nachteile" entgegen, die, wie z.B. bei der Notwendigkeit der Bildung von Urlaubsrückstellungen, mit der exakten bilanziellen Abgrenzung der Wirtschaftsjahre zusammenhängen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vo...

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