FinMin Thüringen, Erlass vom 20.5.2022, 1040 – 21 – S 2171/28 – 61472/2022
Allgemeines
Nach §154 Absatz 1 Baugesetzbuch (BauGB) haben Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks entspricht. Der Ausgleichsbetrag ist grundsätzlich nach Abschluss der Sanierung zu entrichten (§154 Absatz 3 Satz 1 BauGB). Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Ablösung des Ausgleichsbetrags vor Abschluss der Sanierung zuzulassen (§154 Absatz 3 Satz 2 BauGB).
Anwendung der zu Erschließungsbeiträgen entwickelten Grundsätze
Für die steuerliche Behandlung der Ausgleichsbeträge nach § 154 BauGB gelten nach der Rechtsprechung des BFH die Grundsätze zur Behandlung von Erschließungsbeiträgen. Aufwendungen für entsprechende Maßnahmen sind den Anschaffungs-/Herstellungskosten oder den sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben oder Werbungskosten zuzuordnen, auch wenn der Erhebung des Ausgleichsbetrags stets eine Erhöhung des Grundstückswerts zugrundeliegt (vgl. BFH, Urteil vom 27. Oktober 1993, BFH/NV 1994 S. 471).
Anschaffungs-/Herstellungskosten
Wird eine Erschließungsanlage erstmalig errichtet, sind die von der Gemeinde geforderten Ausgleichsbeträge beim Grund und Boden zu aktivieren (vgl. BFH, Urteil vom 16. November 1982, VIII R 167/78, BStBl 1983 II S. 111, m.w.N.). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass der erstmalige Anschluss an öffentliche Einrichtungen dem Grundstück ein besonderes, über den bisherigen Zustand hinausgehendes Gepräge gibt. Die Aufwendungen sind nur dann als Anschaffungs-/Herstellungskosten zu behandeln, wenn die Bodenwerterhöhung 10 Prozent (Bagatellregelung) überschreitet und die Bodenwerterhöhung auf einer Verbesserung der Erschließung und/oder Bebaubarkeit beruht. Eine Bodenwerterhöhung allein führt nicht zu Anschaffungs-/Herstellungskosten. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG ergibt sich aus geleisteten Ausgleichsbeträgen insoweit ein im Rahmen dieser Einkunftsart nicht zu berücksichtigender Aufwand auf den Grund und Boden.
Sofort abziehbare Aufwendungen
Der Charakter eines Grundstücks wird durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt, insbesondere durch Größe, Lage, Zuschnitt, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit. Solange diese unverändert bleiben, werden Substanz oder Wesen des Grundstücks nicht berührt (BFH, Urteil vom 27. Oktober 1993, I R 65/92, BFH/NV 1994 S. 471). Ausgleichsbeiträge für die Ersetzung oder Modernisierung vorhandener Erschließungsanlagen werden daher als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zum sofortigen Abzug zugelassen, wenn das Grundstück in seiner Substanz und seinem Wesen unverändert geblieben ist und lediglich der vorhandene Zustand zeitgemäß verbessert wurde (BFH, Urteil vom 2. Mai 1990, VIII R 198/85, BStBl 1991 II S. 448, m.w.N.). Hierunter fallen z.B. Veränderungen bereits vorhandener Erschließungsanlagen, die Ersetzung oder Erneuerung öffentlicher Erschließungsanlagen und das Ersetzen privater Erschließungsanlagen durch öffentliche Erschließungsanlagen.
Bescheinigungsverfahren
Steuerpflichtigen werden geleistete Ausgleichsbeträge gemäß § 154 BauGB durch die Gemeinde bescheinigt. Die Bescheinigung erfolgt grundsätzlich auf einem einheitlichen Vordruck (Anlage),der zur Vorlage beim Finanzamt bestimmt ist. Die Bescheinigung dient dem Finanzamt zur Beurteilung steuerrechtlich relevanter Tatbestände im Zusammenhang mit der Aufteilung von Ausgleichsbeträgen und Ablösungsbeträgen nach §154 BauGB. Die Bescheinigung ist kein Grundlagenbescheid und unterliegt daher im Zweifelsfall der umfassenden Überprüfung durch das Finanzamt.
Zusammentreffen mehrere Maßnahmen
Bei der Beurteilung, ob Aufwendungen den Anschaffungs-/Herstellungskosten für Grund und Boden zuzuordnen sind oder sofort abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen, ist auf die jeweilige Einzelmaßnahme nach den zuvor dargestellten Grundsätzen abzustellen. Gesamtaufwendungen sind gegebenenfalls sachgerecht aufzuteilen (Vgl. BFH, Urteil vom 27. Oktober 1993, I R 65/92, BFH/NV 1994 S. 471). Die Aufteilung erfolgt in alleiniger Zuständigkeit des Finanzamtes unter Einbeziehung der von der Gemeinde erstellten Bescheinigung.
Der Erlass ist im Allgemeinen Informationssystem veröffentlicht.
Anlage
Stadt/Gemeinde
Der Oberbürgermeister/Bürgermeister
Herrn/Frau/Firma ….
Bescheinigung über sanierungsrechtliche Ausgleichs- oder Ablösungsbeträge nach dem Baugesetzbuch (§ 154 BauGB)
– Zur Vorlage beim Finanzamt –
Im Zuge der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme (Bezeichnung der Maßnahme) ………………………………………………………………………………………………………………………………………….
wurde für das Grundstück ………… Straße …..,
Flurstück ………….,
durch Bescheid vom …………….
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1. |
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ein Ausgleichsbetrag nach § 154 BauGB festgesetzt. |
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Die Höhe des Ausgleichsbetrages beträgt ……………… EUR |
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Die Festsetzung ist |