Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Steuerpflicht der Vermietung von Fahrzeugstellplätzen gilt auch für Bootsliegeplätze, Boote sind "Fahrzeuge"
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Vermietung von Grundstücken die Vermietung von Liegeplätzen für das Festmachen von Booten im Wasser sowie von Stellplätzen im Hafen für die Lagerung dieser Boote an Land umfasst.
2. Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Fahrzeuge“ Boote umfasst.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. b
Beteiligte
Fonden Marselisborg Lystbådehavn |
Fonden Marselisborg Lystbådehavn |
Fonden Marselisborg Lystbådehavn |
Verfahrensgang
Vestre Landsret (Dänemark) (Entscheidung vom 15.11.2002) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Artikel 13 Teil B Buchstabe b ‐ Steuerbefreiungen ‐ Vermietung von Grundstücken ‐ Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ‐ Bootsliegeplätze ‐ Lagerung von Booten an Land“
In der Rechtssache C-428/02
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Vestre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 15. November 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 26. November 2002, in dem Verfahren
Fonden Marselisborg Lystbådehavn
gegen
Skatteministeriet
und
Skatteministeriet
gegen
Fonden Marselisborg Lystbådehavn
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung von Kammerpräsident A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, J.-P. Puissochet, J. Malenovský und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐
des Fonden Marselisborg Lystbådehavn, vertreten durch L. Henriksen und M. Andersen, advokaterne,
‐
des Skatteministeriet und der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten im Beistand von P. Biering, advokat,
‐
der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos und K. Georgiadis als Bevollmächtigte,
‐
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und T. Fich als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Oktober 2004,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 384, S. 47) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen Fonden Marselisborg Lystbådehavn (Fonds Jachthafen Marselisborg [Dänemark], im Folgenden: FML) und Skatteministeriet (dänisches Finanzministerium) einerseits sowie zwischen Letzterem und dem FML andererseits über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Vermietung von Liegeplätzen im Wasser und von Stellplätzen an Land für die Winterlagerung für Sportboote in einem Jachthafen.
Rechtlicher Rahmen
Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften
3
Nach ihrer elften Begründungserwägung bezweckt die Sechste Richtlinie u. a., im Hinblick auf eine gleichmäßige Erhebung der eigenen Mittel in allen Mitgliedstaaten eine gemeinsame Liste der Steuerbefreiungen aufzustellen.
4
Nach Artikel 2 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
5
Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.“
6
Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie in deren Abschnitt X ‐ Steuerbefreiungen ‐ lautet:
„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten...