Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Leistung bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen und Verzinsung von Umsatzsteuerguthaben
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren ging es um zwei ganz unterschiedliche Fragen. Hauptstreitpunkt war der Ort der Dienstleistung bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen (Leasing) durch eine in Luxemburg ansässige Leasing-Gesellschaft an Kunden in Belgien. Da die Gesellschaft im Zusammenhang mit ihrer Vermietungsleistung einen Antrag auf Rückerstattung belgischer Umsatzsteuer nebst Verspätungszinsen gestellt hatte, ergab sich desweiteren die Frage, ob Umsatzsteuerguthaben belgischer Unternehmer höher und nach einer kürzeren Verzugsfrist verzinst werden können als Vorsteuererstattungsguthaben im Ausland ansässiger Unternehmer.
Der EuGH hat sein Urteil vom 17.7.1997, C-190/95 bestätigt. Danach gilt das sogenannte Sitzortprinzip grundsätzlich auch bei der grenzüberschreitenden Vermietung von Kraftfahrzeugen. Ein Vermieter begründet in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er Kraftfahrzeuge vermietet, keine feste Niederlassung im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 der 6. Richtlinie, wenn er dort kein Personal und keine Sachmittel unterhält, mit denen er seine Leistung erbringt. Auf die Tatsache, daß die Fahrzeuge in dem anderen Mitgliedstaat genutzt werden und somit dort der Verbrauch stattfindet, kommt es nicht an.
Die in Belgien angewendeten unterschiedlichen Methoden der Verzinsung von Umsatzsteuerguthaben inländischer Unternehmer bzw. Erstattungsansprüche im Ausland ansässiger Antragsteller stellen eine nach Artikel 59 EG-Vertrag verbotene Diskriminierung dar.
Beteiligte
Gründe
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
7. Mai 1998 (1)
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Kraftfahrzeugleasing – Feste Niederlassung – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige – Grundsatz der Nichtdiskriminierung”
In der Rechtssache C-390/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag von der Rechtbank van eerste aanleg Brüssel in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit
Lease Plan Luxembourg SA
gegen
Belgische Staat
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) sowie der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag
erläßt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter M. Wathelet, J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), D. A. O. Edward und J.-P. Puissochet,
Generalanwalt: N. Fennelly
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Lease Plan Luxembourg SA, vertreten durch die Rechtsanwälte L. De Broe und L. Vandenberghe, Brüssel,
der belgischen Regierung, vertreten durch J. Devadder, Hauptberater im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt A. Destrycker, Brüssel,
der luxemburgischen Regierung, vertreten durch R. Heinen, Regierungsattaché im Finanzministerium, als Bevollmächtigten,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. J. Drijber, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Lease Plan Luxembourg SA, der belgischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 6. November 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Dezember 1997,
folgendes
Urteil
1.
Die Rechtbank van eerste aanleg Brüssel hat mit Urteil vom 26. November 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Dezember 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) sowie der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Lease Plan Luxembourg SA (im folgenden: Lease Plan) mit Sitz in Luxemburg und dem belgischen Staat über die Erstattung der Mehrwertsteuer, die von Lease Plan beim Kauf von Kraftfahrzeugen in Belgien sowie für die in diesem Staat durchgeführte Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen entrichtet wurde.
3.
Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Woh...