Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Güterbeförderung, Leistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr, Nachweisvoraussetzungen, Vermittlung von Ausfuhrbeförderungen
Leitsatz (amtlich)
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 146 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf der einen und diese Vorschrift in Verbindung mit Art. 153 der genannten Richtlinie auf der anderen Seite dahin auszulegen sind, dass sie einer Steuerpraxis eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der die Befreiung von der Mehrwertsteuer für die unmittelbar mit der Ausfuhr von Gegenständen in Zusammenhang stehenden Beförderungsleistungen bzw. für die durch Vermittler, die bezüglich dieser Beförderungsleistungen tätig sind, erbrachten Dienstleistungen davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerpflichtige die Ausfuhrzollanmeldung bezüglich der betreffenden Gegenstände vorlegt. Insoweit haben die zuständigen Behörden zum Zweck der Gewährung der genannten Steuerbefreiungen zu prüfen, ob die Erfüllung der Voraussetzung bezüglich der Ausfuhr der betreffenden Gegenstände mit einem hinreichend hohen Wahrscheinlichkeitsgrad aus der Gesamtheit der ihnen verfügbaren Nachweise abgeleitet werden kann. In diesem Kontext stellt ein von einer Zollstelle des Drittlands, für das die Gegenstände bestimmt sind, mit einem Sichtvermerk versehenes Carnet TIR, das der Steuerpflichtige vorgelegt hat, einen Nachweis dar, den diese Behörden grundsätzlich gebührend berücksichtigen müssen, es sei denn, sie haben konkrete Gründe für Zweifel an der Echtheit oder der Zuverlässigkeit dieses Dokuments.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 146 Abs. 1 Buchst. e, Art. 153
Beteiligte
Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti – Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Prahova |
Direcţia Regională a Finanţelor Publice Bucureşti – Administraţia Fiscală pentru Contribuabili Mijlocii |
Verfahrensgang
Tribunalul Prahova (Rumänien) (Beschluss vom 14.02.2017; Abl.EU 2017, Nr. C 369/6) |
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Prahova (Landgericht Prahova, Rumänien) mit Entscheidung vom 14. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 14. August 2017, in dem Verfahren
Cartrans Spedition SRL
gegen
Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti – Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Prahova,
Direcţia Regională a Finanţelor Publice Bucureşti – Administraţia Fiscală pentru Contribuabili Mijlocii
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer A. Prechal (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Siebten Kammer sowie der Richterin C. Toader und des Richters A. Rosas,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Cartrans Spedition SRL, vertreten durch R. Ioniţă und R. Popescu als Bevollmächtigte,
- der rumänischen Regierung, zunächst vertreten durch R. H. Radu, dann durch C.-R. Canţăr, C.-M. Florescu und O.-C. Ichim als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und L. Radu Bouyon als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Juli 2018
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 146 Abs. 1 Buchst. e und Art. 153 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Cartrans Spedition SRL (im Folgenden: Cartrans) auf der einen sowie der Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti – Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Prahova (Regionalgeneraldirektion für öffentliche Finanzen – Kreisdirektion für öffentliche Finanzen Prahova, Rumänien) und der Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Bucureşti – Administraţia Fiscală pentru Contribuabili Mijlocii (Regionalgeneraldirektion für öffentliche Finanzen Bukarest – Finanzverwaltung für mittelgroße Steuerpflichtige, Rumänien) auf der anderen Seite wegen der Weigerung der Steuerbehörden, mehrere Transportumsätze, die zum Zweck der Ausfuhr von Waren in Drittländer getätigt wurden und an denen Cartrans beteiligt war, von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Mehrwertsteuerrichtlinie
Rz. 3
In Kapitel 1 „Allgemeine Bestimmungen”) des Titels IX „Steuerbefreiungen”) der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt Art. 131:
„Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung o...