Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Grundstückslieferung, Lieferung eines Gebäudes, das sich im Umbau befindet
Leitsatz (amtlich)
Art. 13 Teil B Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Lieferung einer aus einem Grundstück und einem alten Gebäude, dessen Umbau in ein neues Gebäude im Gang ist, bestehenden Immobilie, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, unter die in der erstgenannten Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer fällt, wenn zum Zeitpunkt dieser Lieferung am alten Gebäude erst teilweise Abrissarbeiten durchgeführt wurden und es zumindest teilweise noch als solches genutzt wurde.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. g, Art. 4 Abs. 3 Buchst. a
Beteiligte
J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard |
J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard BV |
Staatssecretaris van Financien |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 10.06.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 269/57) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 13 Teil B Buchst. g in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a ‐ Lieferung von Gebäuden und dem dazugehörigen Grund und Boden ‐ Lieferung eines Gebäudes, an dem Arbeiten stattfinden, um durch Umbau ein neues Gebäude zu errichten ‐ Fortsetzung und Fertigstellung der Arbeiten durch den Käufer nach der Lieferung ‐ Befreiung von der Mehrwertsteuer“
In der Rechtssache C-326/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 10. Juni 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Juni 2011, in dem Verfahren
J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard BV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard BV, vertreten durch B. Jongmans, advocaat,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und J. Langer als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios, P. van Nuffel und W. Roels als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a dieser Richtlinie.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard BV (im Folgenden: J. J. Komen) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) wegen der Befreiung des Erwerbs einer Immobilie von der Grunderwerbsteuer, die im niederländischen Recht davon abhängt, dass der betreffende Umsatz der Mehrwertsteuer unterliegt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer.
Rz. 4
Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten können auch solche Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich eine der in Absatz 2 genannten Tätigkeiten ausüben und insbesondere eine der folgenden Leistungen erbringen:
a) die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten der Anwendung dieses Kriteriums auf Umbauten von Gebäuden und den Begriff ‚dazugehöriger Grund und Boden‘ festlegen.
Die Mitgliedstaaten können andere Kriterien als das des Erstbezugs bestimmen, z. B. den Zeitraum zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt seiner ersten Lieferung, oder den Zeitpunkt zwischen dem Erstbezug und der späteren Lieferung, sofern diese Zeiträume fünf bzw. zwei Jahre nicht überschreiten.
Als Gebäude gilt jedes mit dem Boden fest verbundene Bauwerk;
b) die Lieferung von Baugrundstücken.
Als Baugrundstücke gelten erschlossene oder unerschlossene Grundstücke entsprechend den Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten.“
Rz. 5
Art. 13 („Steuerbefreiungen im Inland“) der Sechste...