Entscheidungsstichwort (Thema)
Errichtung eines Wohnhauses durch Ehegattengemeinschaft, Vorsteuerabzug eines Ehegatten für ein Arbeitszimmer, Rechnungsvoraussetzungen
Leitsatz (amtlich)
Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in ihrer ursprünglichen Fassung und in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Sechsten Richtlinie im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen ist wie folgt auszulegen:
‐ Jemand, der ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, um es mit seiner Familie zu bewohnen, handelt als Steuerpflichtiger und ist damit gemäß Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388 zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er einen Raum des Gebäudes als Arbeitszimmer für eine sei es auch nur nebenberuflich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Artikel 2 und 4 dieser Richtlinie verwendet und soweit er diesen Teil des Gebäudes dem Unternehmensvermögen zuordnet;
‐ im Fall der Bestellung eines Investitionsguts durch eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten Richtlinie 77/388 ausübt, sind die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, für die Zwecke der Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen;
‐ bei Erwerb eines Investitionsguts durch zwei eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet, steht diesem Ehegatten und Miteigentümer das Recht auf Vorsteuerabzug für die gesamte Mehrwertsteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand hinausgeht;
‐ der Steuerpflichtige muss nach den Artikeln 18 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 22 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügen, in der die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Teilbeträge des Preises und der Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Eine Rechnung, die ohne Unterscheidung an die Ehegatten, die die Gemeinschaft bilden, ausgestellt ist und in der keine solchen Teilbeträge ausgewiesen sind, reicht zu diesem Zweck aus.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17, 18 Abs. 1 Buchst. a, Art. 22 Abs. 3
Beteiligte
Finanzamt Bergisch Gladbach |
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Errichtung eines Wohnhauses durch zwei Ehegatten, die in einer selbst nicht unternehmerisch tätigen Gemeinschaft verbunden sind ‐ Verwendung eines Raumes durch einen der Ehegatten für unternehmerische Zwecke ‐ Eigenschaft als Steuerpflichtiger ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Einzelheiten der Ausübung ‐ Anforderungen an die Rechnung“
In der Rechtssache C-25/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 29. August 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2003, in dem Verfahren
Finanzamt Bergisch Gladbach
gegen
HE
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter), G. Arestis und J. Klučka,
Generalanwalt: A. Tizzano,
Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ des Finanzamts Bergisch Gladbach, vertreten durch A. Eich als Bevollmächtigten,
‐ von Herrn HE, vertreten durch Rechtsanwalt C. Fuhrmann und K. Korn, Steuerberater,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. November 2004
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 2, 4, 17, 18 und 22 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1), und zwar sowohl in ihrer ursprünglichen Fassung als auch in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Sechsten Richtlinie im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1, nachstehend: Sechste Richtlinie).
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