Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung einer Umsatzsteuer-Rückerstattung

 

Normenkette

EGRL 112/2006

 

Beteiligte

Gemeente Dinkelland

Gemeente Dinkelland

Ontvanger van de Belastingdienst/Grote ondernemingen, kantoor Zwolle

 

Verfahrensgang

Rechtbank Gelderland (Niederlande) (Beschluss vom 26.10.2022; ABl. EU 2023, Nr. C 45/7)

 

Tenor

Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es keine Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen an einen Steuerpflichtigen ab dem Zeitpunkt der Zahlung eines später von der Steuerverwaltung erstatteten Mehrwertsteuerbetrags begründet, wenn diese Erstattung zum Teil auf der Feststellung beruht, dass der Steuerpflichtige infolge von Fehlern in seiner Buchführung sein Recht auf Vorsteuerabzug für die betreffenden Jahre nicht vollständig ausgeübt hat, und zum Teil auf einer rückwirkenden Änderung der Modalitäten für die Berechnung der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auf die Gemeinkosten des Steuerpflichtigen, sofern diese Modalitäten unter der alleinigen Verantwortung des Steuerpflichtigen festgelegt werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Gelderland (Bezirksgericht Gelderland, Niederlande) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2022, in dem Verfahren

Gemeente Dinkelland

gegen

Ontvanger van de Belastingdienst/Grote ondernemingen, kantoor Zwolle

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter), der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Gemeente Dinkelland, vertreten durch Steuerberater D. van der Zijden,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. M. Hoogveld als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts in Bezug auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Zinsen auf Mehrwertsteuerbeträge zu zahlen, die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurden und erstattet werden.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gemeente Dinkelland (Gemeinde Dinkelland, Niederlande) und dem Ontvanger van de Belastingdienst/Grote ondernemingen, kantoor Zwolle (Steuereinnehmer/Große Unternehmen, Dienststelle Zwolle) (im Folgenden: Steuerverwaltung) wegen der Weigerung der Steuerverwaltung, der Gemeinde Dinkelland Zinsen auf einen ihr erstatteten Mehrwertsteuerbetrag zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) lautet:

„(1) Als ‚Steuerpflichtiger’ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit’ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

(2) Neben den in Absatz 1 genannten Personen gilt als Steuerpflichtiger jede Person, die gelegentlich ein neues Fahrzeug liefert, das durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung an den Erwerber nach einem Ort außerhalb des Gebiets eines Mitgliedstaats, aber im Gebiet der Gemeinschaft versandt oder befördert wird.”

Rz. 4

Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet wie folgt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

  1. die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
  2. die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet wird, die der Lieferung von Gegenständen beziehungsweise dem Erbringen von Dienstleistungen gemäß Artikel 18 Buchstabe a sowie Artikel 27 gleichgestellt sind;
  3. die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i geschuldet wird;
  4. die Mehrwertsteuer, die für dem innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellte Umsätze gemäß den Artikeln 21 und 22 geschuldet wird;
  5. die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitglied...

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