Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer bei Nachlassübergang binnen 10 Jahren nach Wegzug des Erblassers aus dem Mitgliedstaat
Leitsatz (amtlich)
Artikel 73b EG-Vertrag (jetzt Artikel 56 EG) ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, nach der der Übergang des Nachlasses eines Angehörigen dieses Mitgliedstaats, der innerhalb von zehn Jahren nach Verlegung seines Wohnsitzes aus dem betreffenden Mitgliedstaat verstorben ist, so besteuert wird, wenn auch unter Befreiung in Höhe der von anderen Staaten erhobenen Erbschaftsteuer, als wäre der Erblasser in diesem Staat wohnen geblieben.
Normenkette
EGVtr Art. 73b
Beteiligte
van Hilten-van der Heijden |
Erben von M. E. A. van Hilten-van der Heijden |
Inspecteur van de Belastingdienst/Particulieren/Ondernemingen Buitenland te Heerlen |
Verfahrensgang
Gerechtshof te 's-Hertogenbosch (Niederlande) (Entscheidung vom 05.11.2003) |
Tatbestand
„Kapitalverkehr ‐ Artikel 73b Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 56 Absatz 1 EG) ‐ Erbschaftsteuer ‐ Gesetzliche Fiktion, wonach ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der innerhalb von zehn Jahren, nachdem er diesen Mitgliedstaat verlassen hat, verstorben ist, als zum Zeitpunkt seines Todes in diesem Staat wohnhaft gilt ‐ Drittstaat“
In der Rechtssache C-513/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) mit Entscheidung vom 5. November 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Dezember 2003, in dem Verfahren
Erben von M. E. A. van Hilten-van der Heijden
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst/Particulieren/Ondernemingen buitenland te Heerlen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr (Berichterstatter), A. Borg Barthet und U. Lõhmus,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Erben von Frau van Hilten-van der Heijden, vertreten durch P. Kavelaars, belastingadviseur,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und S. Terstal als Bevollmächtigte,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann und M. Lumma als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und A. Weimar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Juni 2005
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der zum Zeitpunkt des Todes von Frau van Hilten-van der Heijden geltenden Artikel 73c Absatz 1 und 73d Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 57 Absatz 1 EG und 58 Absatz 3 EG).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Erben von Frau van Hilten-van der Heijden und dem Inspecteur van de Belastingdienst/Particulieren/Ondernemingen buitenland te Heerlen (Leiter der nationalen Steuerverwaltung/Einheit Privatpersonen/Unternehmen Ausland in Heerlen, im Folgenden: Inspecteur) wegen der Erbschaftsteuer, die in den Niederlanden auf den Nachlass der Erblasserin erhoben wird.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
In Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. L 178, S. 5), der die Überschrift „Nomenklatur für den Kapitalverkehr gemäß Artikel 1 der Richtlinie“ trägt, heißt es zur Einleitung:
„In dieser Nomenklatur werden die Kapitalbewegungen nach der ökonomischen Natur der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, ausgedrückt in Landeswährung oder in Fremdwährungen, gegliedert.
Der in dieser Nomenklatur genannte Kapitalverkehr umfasst:
‐ alle für die Durchführung des Kapitalverkehrs erforderlichen Geschäfte: Abschluss und Ausführung der Transaktion und damit zusammenhängende Transferzahlungen. Die Transaktion erfolgt im Allgemeinen zwischen Gebietsansässigen verschiedener Mitgliedstaaten; es kommt jedoch vor, dass bestimmte Kapitalbewegungen von einer einzigen Person für eigene Rechnung getätigt werden (beispielsweise Vermögenstransfers von Auswanderern);
‐ die von natürlichen oder juristischen Personen getätigten Geschäfte …;
‐ den Zugang des Marktteilnehmers zu allen Finanzverfahren, die auf dem für die Durchführung des Geschäfts in Anspruch genommenen Markt zur Verfügung stehen. Beispielsweise umfasst der Begriff des Erwerbs von Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten nicht nur die Kassageschäfte, sondern alle zur Verfügung stehenden Geschäftsformen, wie Termingeschäfte, Optionsgeschäfte oder Geschäfte mit Optionsscheinen, Tauschgeschäfte gegen andere Vermögenswerte usw. …;
‐ die Liquidation oder Abtretung der gebildeten Guthaben, die Repatriierung des Erlöses aus dieser Liquidation … oder die Verwendung dieses Erlöses an Ort und Stelle in den Grenzen der Gemeinschaftsverpflichtungen;
‐ die Kredit- oder Darlehensrückzahlu...