Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Warenverkehr, Versandverfahren, Carnet TIR, Zuwiderhandlungen, Beweismittel, Nachweisfrist, Ausgleichsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1.Artikel 454 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist so auszulegen, daß der von den Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Zuwiderhandlung festgestellt wurde, verlangte Nachweis des Ortes, an dem sie begangen wurde, nicht nur durch Vorlage von Urkunden geführt werden kann, aus denen sich eindeutig ergibt, daß die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats Feststellungen getroffen haben, nach denen die Zuwiderhandlung auf ihrem Gebiet begangen wurde.
2.Artikel 454 Absatz 3 Unterabsätze 3 und 4 der Verordnung Nr. 2454/93 ist so auszulegen, daß der darin vorgesehene Ausgleichsmechanismus auch in einem Fall anzuwenden ist, in dem die Abgaben von dem Mitgliedstaat erhoben wurden, in dem die Zuwiderhandlung festgestellt wurde, obwohl glaubhaft nachgewiesen wurde, daß der tatsächliche Ort der Zuwiderhandlung in einem anderen Mitgliedstaat lag.
3.Die Artikel 454 Absatz 3 Unterabsatz 1 und 455 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2454/93 sind so auszulegen, daß die Zollbehörde des Mitgliedstaats, in dem die Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, dem Inhaber des Carnet TIR keine Ausschlußfrist zum glaubhaften Nachweis des tatsächlichenOrtes der Zuwiderhandlung von drei Monaten setzen kann. Die Frist, innerhalb deren nach Artikel 454 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 2454/93 der Ort, an dem die Zuwiderhandlung begangen wurde, nachgewiesen werden kann, beträgt ein Jahr.
Normenkette
EWGV 2454/93 Art. 454-455
Beteiligte
Hauptzollamt Neubrandenburg |
Sagpol SC Transport Miedzynarodowy i Spedycja |
Verfahrensgang
Tatbestand
Freier Warenverkehr - Externes Versandverfahren - Warenverkehr mit Carnet TIR - Zuwiderhandlungen - Nachweis des Ortes der Zuwiderhandlung - Nachweisfrist - Zulässige Beweismittel - Ausgleichsverfahren
In den verbundenen Rechtssachen C-310/98 und C-406/98
betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten
Hauptzollamt Neubrandenburg
gegen
Leszek Labis in Firma Przedsiebiorstwo Transportowo-Handlowe Met-Trans (C-310/98),
Sagpol SC Transport Miedzynarodowy i Spedycja (C-406/98)
vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 454 und 455 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer L. Sevón in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, P. Jann (Berichterstatter), H. Ragnemalm und M. Wathelet,
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
-von L. Labis (C-310/98), vertreten durch Rechtsanwalt P. Galuszka, Engelskirchen,
-der Sagpol SC Transport Miedzynarodowy i Spedycja (C-406/98), vertreten durch Rechtsanwalt M. Leis, Greifswald,
-der französischen Regierung (C-406/98), vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und C. Vasak, stellvertretende Sekretärin für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,
-der niederländischen Regierung (C-310/98), vertreten durch M. Fierstra, beigeordneter Rechtsberater im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
-der finnischen Regierung (C-406/98), vertreten durch T. Pynnä, Rechtsberaterin im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte,
-der schwedischen Regierung (C-310/98 und C-406/98), vertreten durch A. Kruse, Departementsråd im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (C-310/98 und C-406/98), vertreten in der Rechtssache C-310/98 durch R. Tricot, Juristischer Dienst, und K. Schreyer, zum Juristischen Dienst abgeordnete nationale Beamtin, sowie in der Rechtssache C-406/98 durch Hauptrechtsberater R. B. Wainwright und J. C. Schieferer, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von L. Labis, vertreten durch Rechtsanwalt P. Galuszka, der Sagpol SC Transport Miedzynarodowy i Spedycja, vertreten durch Rechtsanwalt M. Leis, der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, Abteilungsleiter im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der französischen Regierung, vertreten durch C. Vasak, der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Fierstra, der finnischen Regierung, vertre...