Entscheidungsstichwort (Thema)
Reiseleistungen, Margenregelung, Begriff des Reisenden, Anwendung der Margenregelung für Reiseleistungen auf andere als Endverbrauchsumsätze, Verbot der Besteuerung nach einer Pauschalmarge
Leitsatz (amtlich)
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 168, 226 und 306 bis 310 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem verstoßen,
‐ dass es von der Sonderregelung für Reisebüros Reiseverkäufe von Einzelhandelsreisebüros, die im eigenen Namen handeln, an Endkunden ausnimmt, wenn die Reisen von Reisegroßhändlern organisiert wurden;
‐ dass es Einzelhandelsreisebüros unter bestimmten Umständen gestattet, in der Rechnung einen Mehrwertsteuerpauschalbetrag auszuweisen, der in keinem Zusammenhang zu der tatsächlich auf den Kunden abgewälzten Mehrwertsteuer steht, und diesem, soweit er steuerpflichtig ist, gestattet, diesen Mehrwertsteuerpauschalbetrag von der geschuldeten Mehrwertsteuer abzuziehen, und
‐ dass es Reisebüros, soweit die genannte Sonderregelung auf sie anwendbar ist, gestattet, die Steuerbemessungsgrundlage pauschal für jeden Besteuerungszeitraum zu bestimmen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Europäische Kommission trägt ein Viertel ihrer Kosten.
4. Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Europäischen Kommission.
5. Die Tschechische Republik, die Französische Republik, die Republik Polen, die Portugiesische Republik und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.
Leitsatz (redaktionell)
Abweisung des Klageantrags, soweit die Kommission gerügt hatte, dass Spanien Reisebüros die Anwendung der Sonderregelung für Reisebüros auf Reisedienstleistungen gestattet, die an Personen verkauft wurden, die keine Reisenden sind.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 168, 226, 306-309
Beteiligte
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 306 bis 310 ‐ Sonderregelung für Reisebüros ‐ Unterschiede zwischen Sprachfassungen ‐ Nationales Recht, das die Anwendung dieser Sonderregelung auf Personen vorsieht, die keine Reisenden sind ‐ Begriffe ‚Reisender‘ und ‚Kunde‘ ‐ Ausnahme bestimmter Endkundenverkäufe von dieser Sonderregelung ‐ Ausweisung eines abzugsfähigen Mehrwertsteuerbetrags in der Rechnung, der nicht an die geschuldete oder entrichtete Vorsteuer gebunden ist ‐ Pauschale Ermittlung der Bemessungsgrundlage für einen bestimmten Zeitraum ‐ Unzulässigkeit“
In der Rechtssache C-189/11
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 20. April 2011,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und C. Soulay als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
unterstützt durch
Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, T. Müller und J. Očková als Bevollmächtigte,
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,
Republik Polen, vertreten durch A. Kraińska, A. Kramarczyk, M. Szpunar und B. Majczyna als Bevollmächtigte,
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes und R. Laires als Bevollmächtigte,
Republik Finnland, vertreten durch J. Heliskoski und M. Pere als Bevollmächtigte,
Streithelferinnen,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter E. Jarašiūnas und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie des Richters C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2013,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Juni 2013,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 306 bis 310, 226, 168, 169 und 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) verstoßen hat,
‐ dass es Reisebüros die Anwendung der Sonderregelung für Reisebüros auf Reisedienstleistungen gestattet, die an Personen verkauft wurden, die keine Reisenden sind;
‐ dass es von dieser Sonderregelung Reiseverkäufe von Einzelhandelsreisebüros, die im eigenen Namen handeln, an Endkunden ausnimmt, wenn die Reisen von Reisegroßhändlern organisiert wurden;
‐ dass es Reisebüros unter bestimmten Umständen gestattet, in der Rechnung einen Mehrwertsteuerpauschalbetrag auszuweisen, der in keinem Zusammenhang mit der tatsächlich auf den Kunden abgewälzten Mehrwertsteuer steht, und diesem, soweit er steuerpflichtig ist, gestattet, diesen Pauschalbetrag von der geschuldeten Mehrwertsteuer abzuziehen, und
‐ dass es Reisebüros, soweit...