Entscheidungsstichwort (Thema)
Produktionsabgabe im Zuckersektor, Ungültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1193/2009, Verzinsung der Erstattung von Produktionsabgaben
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verordnung (EG) Nr. 1193/2009 der Kommission vom 3. November 2009 zur Berichtigung der Verordnungen (EG) Nr. 1762/2003, (EG) Nr. 1775/2004, (EG) Nr. 1686/2005 und (EG) Nr. 164/2007 sowie zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor für die Wirtschaftsjahre 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 ist in ihren anderen Bestimmungen als Art. 3, der bereits durch die Nichtigerklärung von Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1686/2005 der Kommission vom 14. Oktober 2005 zur Festsetzung der Produktionsabgaben sowie des Koeffizienten der Ergänzungsabgabe im Zuckersektor für das Wirtschaftsjahr 2004/05 durch das Gericht der Europäischen Union im Urteil vom 29. September 2011, Polen/Kommission (T-4/06), für nichtig erklärt wurde, ungültig.
2. In Ermangelung einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften ist der Wechselkurs für die Berechnung der Entschädigung für die Überzahlung von Produktionsabgaben im Zuckersektor nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats zu bestimmen.
3. Nach dem Unionsrecht haben Rechtssuchende, die einen Anspruch auf die Erstattung von Beträgen haben, die als in einer ungültigen Verordnung festgesetzte Produktionsabgaben im Zuckersektor zu Unrecht gezahlt wurden, auch einen Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Zinsen. Ein nationales Gericht kann nicht im Rahmen seines Ermessens die Zuerkennung von Zinsen auf Beträge, die von einem Mitgliedstaat auf der Grundlage einer ungültigen Verordnung vereinnahmt wurden, mit der Begründung ablehnen, dass dieser Mitgliedstaat keine entsprechenden Zinsen auf die Eigenmittel der Europäischen Union verlangen könne.
Normenkette
EGV 1193/2009
Beteiligte
Directeur général des douanes et droits indirects |
Receveur principal des douanes et droits indirects de Gennevilliers |
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Beschluss vom 22.02.2010; Aktenzeichen 4 K 189/10 VZr, 4 K 283/10 VZr; ZfZ Beilage 2010, 34) |
Tatbestand
„Gemeinsame Agrarpolitik ‐ Gemeinsame Marktorganisation ‐ Zucker- und Isoglucoseerzeuger ‐ Berechnung der Produktionsabgaben ‐ Gültigkeit einer Berechnungsart, bei der für ohne Erstattung ausgeführte Zuckermengen fiktive Erstattungsbeträge angesetzt werden ‐ Rückwirkung der Regelung ‐ Wechselkurs ‐ Zinsanspruch“
In den verbundenen Rechtssachen C-113/10, C-147/10 und C-234/10
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (C-113/10) (Deutschland), dem High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (C-147/10) (Vereinigtes Königreich), und dem Tribunal de grande instance de Nanterre (C-234/10) (Frankreich) durch Entscheidungen vom 22. Februar, 12. März und 6. Mai 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 2. und am 29. März sowie am 12. Mai 2010 in den Verfahren
Zuckerfabrik Jülich AG (C-113/10)
gegen
Hauptzollamt Aachen,
British Sugar plc (C-147/10)
gegen
Rural Payments Agency, an Executive Agency of the Department for Environment, Food Rural Affairs
und
Tereos ‐ Union de coopératives agricoles à capital variable (C-234/10)
gegen
Directeur général des douanes et droits indirects,
Receveur principal des douanes et droits indirects de Gennevilliers
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Zuckerfabrik Jülich AG, vertreten durch die Rechtsanwälte H.-J. Prieß und B. Sachs,
‐ der British Sugar plc, vertreten durch K. Lasok, QC, und G. Facenna, Barrister,
‐ der Tereos ‐ Union de coopératives agricoles à capital variable, vertreten durch N. Coutrelis, avocate,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Hathaway und H. Walker als Bevollmächtigte,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und B. Cabouat als Bevollmächtigte,
‐ der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
‐ der litauischen Regierung, vertreten durch R. Mackeviciene und R. Krasuckait— als Bevollmächtigte,
‐ der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Rossi, B. Schima, D. Bianchi und K. Banks als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. Oktober 2011
folgendes
Urteil
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen hauptsächlich die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1193/2009 der Kommission vom 3. November 2009 zu...