Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht der kurzfristigen Beherbergung von Erntehelfern
Leitsatz (redaktionell)
Die entgeltliche Beherbung von Erntehelfern für wenige Wochen durch einen Landwirt ist umsatzsteuerpflichtig.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die kurzfristige Beherbergung von Arbeitnehmern, die der Unternehmer für einige Wochen als Erntehelfer beschäftigt, nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei ist.
Der Kläger führt als selbständiger Unternehmer vor allem Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus. Die Umsätze des Klägers wurden in den Kalenderjahren 2004 und 2005 (Streitjahre) nach den allgemeinen Vorschriften des UStG besteuert.
In seinem Betrieb beschäftigte er in den Streitjahren als Erntehelfer – aufgrund befristeter Arbeitserlaubnisse – auch Staatsangehörige aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diesen stellte er auch die Unterkunft. Hierfür zog er vom Arbeitslohn einen Betrag von täglich 2,70 Euro ab. Das Beschäftigungsverhältnis erstreckte sich in den Streitjahren jeweils über Zeiträume von sechs bis acht Wochen.
Der Beklagte führte bei dem Kläger eine Außenprüfung durch, die die Umsatzsteuer für beide Streitjahre umfasste. Mit seinem Bericht vom 14. Februar 2008 stellte der Prüfer fest, dass das Entgelt, das die Erntehelfer für die Unterkunft zu zahlen hatten, den Betriebseinnahmen des Klägers hinzuzuschlagen sei. Auch sei das Entgelt bei der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer im Einzelnen wie folgt zu berücksichtigen:
für das Streitjahr |
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2003 |
3.324 Euro |
2004 |
3.206 Euro |
Dem folgte der Beklagte mit den Bescheiden vom 31. März 2008. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2009 stützte sich der Beklagte im Wesentlichen auch darauf, dass der Kläger die Unterkünfte seinen Arbeitnehmern nur zur kurzfristigen Beherbergung überlassen habe.
Hiergegen wendet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger ist im Wesentlichen der Ansicht, dass das Tatbestandsmerkmal der kurzfristigen Beherbergung von Fremden im Sinne von § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 UStG nicht von Art 135 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gedeckt sei. Im Übrigen nimmt der Kläger Bezug auf die von ihm mit Schriftsatz vom 20. September 2012 vorgelegten Anträge auf Arbeitsgenehmigung und „Einstellungszusage(n) / Arbeitsvertrag”.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet.
Dabei geht der Senat davon aus, dass sich der Gegenstand des Klagebegehrens im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf richtet, die Bescheide vom 31. März 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2009 zu ändern und dabei die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer
für das Streitjahr |
um |
2003 |
3.324 Euro |
2004 |
3.206 Euro |
zu mindern. Dies entnimmt der Senat dem Schriftsatz des Klägers vom 5. Juni 2009.
Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1 UStG ist u. a. die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Dagegen sind nicht befreit die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält (§ 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 UStG). Entscheidend für die Frage, ob eine kurzfristige oder eine auf Dauer angelegte Überlassung von Räumen vorliegt, ist nicht die tatsächliche Dauer der Vermietung, sondern die aus den gesamten äußeren Umständen ableitbare diesbezügliche Absicht des Vermieters (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 6. August 1998, BFH/NV 1999, 84, unter 2. a, m. w. Nachw.).
Für die Frage, welche Absicht der Vermieter wirklich hatte, sind die Gesamtumstände maßgeblich. Im Streitfall ist daher zunächst festzustellen, gegenüber wem der Kläger in den Kalenderjahren 2003 und 2004 (Streitjahre) Vermietungsleistungen erbracht hat. Sodann sind die diesen Leistungen zugrundeliegenden vertraglichen Abmachungen einschließlich des maßgeblichen Abrechnungsmodus für das Entgelt unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzungsfrage zu würdigen. Schließlich sind auch außervertragliche Umstände in die Gesamtabwägung einzubeziehen (BFH-Urteil vom 6. August 1998, BFH/NV 1999, 84, unter 2. a, m. w. Nachw.).
Die Gewichtung der jeweiligen Sachverhaltselemente (Abgrenzungskriterien) ist Teil der Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht. Die Tatsachenwürdigung wird durch die sog. Sechs-Monats-Grenze erleichtert: Wenn das Finanzgericht zu der Überzeugung gelangt, dass das konkrete Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern sollte, kann von einer nur kurzfristigen Beherbergung ausgegangen werden (BFH-Urteil vom 6. August 1998, BFH/NV 1999, 84, unter 2. b, m. w. Nachw.).
Diese Grundsätze einschließlich der Sechs-Monat...