rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung der Berufsausbildung i. S. d. Kindergeldrechts nicht bereits bei Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Die kindergeldrechtliche Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses (und des Bestehens der Prüfung), sondern erst mit dem zeitlich späteren Ablauf der Ausbildungszeit, wenn diese durch eine Rechtsvorschrift geregelt ist (im Streitfall: landesrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsordnung an den Fachschulen für Sozialpädagogik des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, wonach die Ausbildung einer staatlich anerkannten Erzieherin „unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung drei Jahre dauert und sich in theoretische und praktische Ausbildungsinhalte gliedert”; Anschluss an BFH, Urteil v. 14.9.2017, III R 19/16; gegen A 15.10 Abs. 4 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, Stand 2017, BStBl 2017 I S. 1006).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
1. Der Bescheid vom 2. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2017 wird aufgehoben und Kindergeld für das Kind X. für die Monate August und September 2016 festgesetzt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin für ihr Kind X., geboren …1994, für die Monate August und September 2016 Kindergeld zusteht.
X. absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie schloss am 6. Juni 2013 mit der Stadt A einen Berufsausbildungsvertrag ab (FG-Akte Bl. 14 ff.).
Nach § 3 des Ausbildungsvertrags bestimmte sich das Ausbildungsverhältnis nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an der Fachschule für Sozialpädagogik (praxisintegriert; Schulversuch).
Nach der vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport auf Anforderung durch den Berichterstatter übersandten Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik (praxisintegriert), Schulversuchsbestimmungen vom 10. April 2012 (Az.: 41-6623.28/185) dauert die Ausbildung ”unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung drei Jahre und gliedert sich in theoretische und praktische Ausbildungsanteile. Die praktische Ausbildung umfasst mindestens 600 Stunden praktische Ausbildung pro Schuljahr.” (vgl. § 2 Abs. 1 der Schulversuchsbestimmungen vom 10. April 2012). Auch in den nachfolgenden Schulversuchsbestimmungen vom 20. Dezember 2013 (Az.: 41-6623.28/209) findet sich in § 2 die Regelung, dass die Ausbildung unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung drei Jahre dauert und sich in theoretische und praktische Ausbildungsanteile gliedert.
Dementsprechend war in § 2 Abs. 1 des Ausbildungsvertrags geregelt: „Die Ausbildung dauert insgesamt drei Jahre. Sie beginnt am 09.09.2013 und endet am 08.09.2016.”
Im Juli 2013 bestand die Tochter der Klägerin die Abschlussprüfung. Seit dem 9. September 2016 darf sie die Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannte Erzieherin” führen (FG-Akte Bl. 17).
Bis zum Ende der Ausbildung erhielt X. lediglich die Ausbildungsvergütung.
Mit Bescheid vom 2. November 2016 hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab August 2016 auf. Zugleich forderte sie das für den Zeitraum von August bis September 2016 gezahlte Kindergeld in Höhe von 392 EUR zurück (§ 37 Abs. 2 der Abgabenordnung –AO–).
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die beklagte Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2017 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die besonderen Berücksichtigungsvoraussetzungen für ein volljähriges Kind seien ab August 2016 weggefallen. Das Ausbildungsverhältnis sei mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses am 13. Juli 2016 beendet worden. Dabei bleibe die darüberhinausgehende, im Ausbildungsvertrag vereinbarte Ausbildungszeit ohne Belang.
Hiergegen reichte die Klägerin am 9. Februar 2017 durch ihren Bevollmächtigten Klage ein. Zur Begründung beruft er sich auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19. Oktober 2016 – 7 K 407/16, veröffentlicht in juris. Unter Übertragung der dortigen Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall ende das Ausbildungsverhältnis nicht bereits mit dem Bestehen der Abschlussprüfung, sondern erst am Ende der Ausbildungszeit. Daher sei auch für die Monate August und September 2016 Kindergeld zu gewähren.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 2. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2017 aufzuheben und Kindergeld für das Kind X. für die Monate August und September 2016 festzusetzen.
Die beklagte Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Das Klagverfahren ruhte aufgrund Beschlusses vom 16. März 2017 im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren Az. III R 19/...