rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ablösung übertariflicher Zulagen gewährte Ausgleichszahlung ist keine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung im Sinne von §§ 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
Ereignisse, die den Einkunftserzielungstatbestand nicht in seinem Bestand berühren, führen nicht zu einer Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Das bedeutet für alle Fälle, in denen einem Arbeitnehmer ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgangene oder entgehende Einnahmen ersetzt werden – hier: Einmalzahlung zur Ablösung übertariflicher Zulagen wegen einer entsprechenden Betriebsvereinbarung – dass nur eine Modifikation des bestehenden Arbeitsverhältnisses vorliegt, die die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht rechtfertigen kann.
Normenkette
EStG 1997 § 24 Nr. 1 Buchst.a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Besteuerung einer zur Ablösung übertariflicher Zulagen gewährten Ausgleichszahlung.
Der am 14. April 1967 geborene Kläger arbeitete nach der am 14. September 1999 beim Beklagten eingegangenen (gemeinsamen) Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1998 bei der Firma L. Deutschland GmbH, der Rechtsnachfolgerin der H. Deutschland GmbH, als Chemiefacharbeiter. Ausweislich seiner Lohnsteuerkarte 1998 war der Kläger dort ganzjährig beschäftigt und erhielt in 1998 neben seinem Bruttolohn in Höhe von 73.530 DM eine von seiner Arbeitgeberin ermäßigt besteuerte Entschädigung von brutto 16.506 DM. Diese einmalige Zahlung hatte folgenden Hintergrund:
Bei der H. Deutschland GmbH wurde am Standort … am 13. Mai 1998 die Betriebsvereinbarung zum Abbau von übertariflichen Zulagen getroffen. Diese sah – beginnend mit dem 1. Juli 1998 – die Abgeltung verschiedener, gemäß den zunächst unbefristet geschlossenen Vereinbarungen vom 17. Mai 1990 und vom 20. Januar 1953 in der Fassung vom 3. August 1964 gezahlter übertariflicher Zulagen („25 % – übertarifliche Zulage”, „Qualifikations-Zulage”, „Treue-Zulage”) durch eine einmalige Ausgleichszahlung vor. Die Höhe der Einmalabfindung wurde in Anwendung der Betriebsvereinbarung zum Abbau von übertariflichen Zulagen in Abhängigkeit des Lebensalters und der Dienstjahre des Arbeitnehmers berechnet und durfte höchstens 42 Monatsbeträge, mindestens aber 12 Monatsbeträge der monatlichen Einkommensminderung betragen. Die dem Kläger im Jahr 1998 ausgezahlte Einmalabfindung wurde von der Arbeitgeberin als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG angesehen und von dieser daher für Zwecke des Lohnsteuerabzugs mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG besteuert.
Im Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 30. September 1999 lehnte der Beklagte die Anwendung der Tarifermäßigung ab und versteuerte die Einmalzahlung zusammen mit dem laufenden Lohn unter Anwendung der Splittingtabelle. Hiergegen legte der Kläger am 6. Oktober 1999 mit der Begründung Einspruch ein, bei der einmaligen Ausgleichszahlung handle es sich um außerordentliche Einkünfte. In der Folgezeit ruhte das Einspruchsverfahren entsprechend dem Antrag des Klägers. Nachdem der Beklagte am 11. April 2002 die Bearbeitung des Verfahrens wieder aufgenommen hatte, erließ er am 12. Juni 2002 einen auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützten Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1998, in dem die Einmalzahlung unter Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG (sog. Drittelregelung) – abgemildert – besteuert wurde.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte der Beklagte unter Hinweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des BFH im wesentlichen aus, dass Zahlungen, die im Rahmen eines fortlaufenden Einkunftserzielungstatbestandes geleistet würden, seien sie auch Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen, nicht tarifbegünstigt seien. Denn eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG verlange, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beendet werde. Denn der Zweck der Regelung, wie er sich im Zusammenhang mit § 34 EStG ergebe, sei darauf gerichtet, die aus Anlass der Beendigung eines Einkunftserzielungstatbestandes zusammengeballt zugeflossenen Leistungen ermäßigt zu besteuern. Der Tatbestand des § 24 Nr. 1 a EStG sei nur bei Beendigung der bestehenden Rechtsverhältnisses erfüllt. An diesen Voraussetzungen fehle es vorliegend, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis ungeachtet der geleisteten Ausgleichszahlung fortgesetzt habe.
Der Kläger hat am 2. September 2002 – einem Montag – beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
- den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 12. Juni 2002 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 insoweit zu ändern, als die in 1998 an i...