Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei teilweisem Forderungsverzicht nur eines Gläubigers und fehlender Sanierungsabsicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Erlässt nur einer von mehreren Gläubigern einen Teil seiner Forderungen gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, liegt für das Unternehmen mangels Sanierungsabsicht des Gläubigers kein steuerfreier Sanierungsgewinn vor, wenn es dem Gläubiger allenfalls nebenbei um eine geschäftliche und finanzielle Gesundung des Unternehmens, in der Hauptsache aber vor allem um eine vollständige Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen, um die Vermeidung größerer Verluste sowie um die Verhinderung eines öffentlichen Prestigeschadens gegangen ist.
2. Zu den Voraussetzungen eines nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfreien Sanierungsgewinns.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 66
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen eines steuerfreien Sanierungsgewinns.
Die Klägerinnen gründeten zusammen mit … im Jahr 1979 eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) mit gleichen Anteilen zum Zweck des Erwerbs des mit dem denkmalgeschützten sogenannten … bebauten Grundstücks …. Das Gebäude sollte renoviert und umgebaut, außerdem sollte auf dem Grundstück ein weiteres Gebäude errichtet werden. Nach Bildung von Wohnungs- und Teileigentum an den Gebäuden sollte dieses teilweise veräußert, teilweise (Hotelbetrieb) von der GbR auf Dauer verwaltet bzw. genutzt werden. Außerdem erwarb die GbR das Appartmenthaus … auf dem Grundstück …, welches nach Umbau und Aufteilung in Eigentumswohnungen verkauft werden sollte. Mit dem erwarteten Erlös sollten die Schulden der GbR zurückgeführt werden. Diesem Zweck sollte auch die Errichtung und der Verkauf der Eigentumswohnungen dienen. Bei der Verwirklichung dieser Vorhaben traten Schwierigkeiten auf, so dass es zu einer Überschuldung der GbR kam. Im Jahr 1982 gründeten die Gesellschafter der GbR die … KG, die das Hotel nach vergeblichen Verpachtungsversuchen selbst pachtete und betrieb. In der Bilanz zum 31. Dezember 1985 wies die GbR Bankschulden i.H.v. 9.617.890 DM aus. Hiervon entfielen 4.651.770 DM auf Darlehen des Hauptgläubigers der Landesbank …, die restlichen Verbindlichkeiten verteilten sich auf vier weitere Gläubiger. Anfang 1986 wurde die GbR notleidend. Da die laufenden Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr erbracht wurden, kündigte die Landesbank … am 22. April 1986 sämtliche Darlehen mit einer Gesamtforderung i.H.v. 4.710.530 DM und drohte unter Setzung einer Zahlungsfrist die Zwangsvollstreckung an. Nachdem weitere Gläubiger ihre Kredite gekündigt hatten, erarbeiteten die Klägerinnen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zusammen mit der Raiffeisenbank …, einem weiteren Gläubiger, einen Sanierungsplan. Danach sollten die Klägerinnen ihre Einlagen jeweils um 400.000 DM und die Raiffeisenbank … ihre Darlehen um 1,4 Mio. DM erhöhen. Gleichzeitig sollten nach einem Teilerlass die Restschulden bei der Landesbank … i.H.v. 3,7 Mio. DM getilgt werden. Zudem wurden mit der Sparkasse … Erlassverhandlungen geführt. Der Gesellschafter … nahm an den Sanierungsbemühungen nicht teil, da er bereits im Jahr 1984 seine Vermögenslosigkeit eidesstattlich versichert hatte. Am 20. Oktober 1986 stimmte die Landesbank … einem Teilerlass schließlich unter der Voraussetzung zu, dass Schulden i.H.v. 3,7 Mio. DM bezahlt werden. Nach Teilerlass verminderten sich die Verbindlichkeiten der GbR in der Bilanz zum 31. Dezember 1986 auf 6.525.177 DM. Der hohe Schuldenstand sowie das negative Eigenkapital blieben trotz Veräußerung des Grundvermögens auch in den Folgejahren bestehen. Die GbR ist zwischenzeitlich nach Zuführung von weiterem Eigenkapital vollständig abgewickelt worden.
In der Feststellungserklärung 1986 machten die Klägerinnen den Teilerlass der Landesbank … i.H.v. 1.026.302,92 DM als steuerfreien Sanierungsgewinn nach § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend, der jeweils i.H.v. 342.100,97 DM auf die Klägerinnen aufgeteilt wurde. In dem nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung am 12. Dezember 1988 ergangenen Bescheid stellte das beklagte Finanzamt (FA) die Besteuerungsgrundlagen der GbR erklärungsgemäß fest, wobei die abschließende Entscheidung über die Steuerbefreiung des Sanierungsgewinns zunächst zurückgestellt wurde. Nach einer bei der GbR durchgeführten Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, es liege kein steuerfreier Sanierungsgewinn vor, da die Bank nicht mit Sanierungsabsicht erlassen habe. Außerdem sei bei einem Schuldenstand von ca. 10 Mio. DM ein Teilerlass i.H.v. ca. 1 Mio. DM nicht geeignet gewesen, die Ertragsfähigkeit des Unternehmens wieder herzustellen. Trotz Verkaufs der Immobilien und Auflösung der stillen Reserven in den Folgejahren habe ein Konkurs nur durch Zuführung privater Mittel verhindert werden können. Im Änderungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO vom 2. Oktober 1991 berücksichtigte das FA demgemäss keinen s...