Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzinsung auch für Gesellschafterdarlehen. Bestimmung der Darlehenslaufzeit unter Berücksichtigung der im Steuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch ein vom Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewährtes unverzinsliches Darlehen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn es am Bilanzstichtag eine Laufzeit von mindestens 12 Monaten hat.
2. Für die Frage, ob ein ohne vertragliche Festlegung einer exakten Laufzeit gewährtes Gesellschafterdarlehen eine Laufzeit von mehr als 12 Monaten hat, kann die Gesellschaft sich aufgrund der im Steuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht auf die in § 488 Abs. 3 BGB vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist berufen, wenn die Vertragsparteien das Darlehen eindeutig als langfristig behandelt haben, die Darlehensnehmerin zur Rückzahlung nicht in der Lage ist und bei einer Rückforderung des Darlehens sofort einen Insolvenzantrag stellen müsste und wenn demensprechend das Darlehen in unveränderter Höhe tatsächlich schon eine Laufzeit von 9 Jahren hat.
Normenkette
EStG 1999 § 6 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 1-2; KStG § 8 Abs. 1; BGB § 488 Abs. 3 Sätze 2-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Ablehnung des Antrags auf schlichte Änderung der Körperschaftsteuerbescheide für 1999, 2000, 2001 und 2003 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung – AO –; hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheides für 2002 ist aus anderen Gründen eine Abtrennung zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung erfolgt (vgl. den Trennungsbeschluss vom 25. Oktober 2007 6 K 2048/07).
Mit Vertrag vom 29. Dezember 1998 erwarb Herr X 100 % der Anteile an der … GmbH (im Folgenden Klägerin). Die Klägerin diente der Aufnahme einer Beteiligung an der „Y GmbH”. Diese Beteiligung wurde vom Gesellschafter-Geschäftsführer A. X mittels eines der Klägerin noch in 1998 gewährten zinslosen Darlehens finanziert; für dieses Darlehen bestand bis zum 29. Juni 2005 kein schriftlicher Darlehensvertrag. Aufgrund des am 29. Juni 2005 geschlossenen Vertrages wird das Darlehen ab dem 1. Januar 2004 mit 1 % verzinst; wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf die in der Rechtsbehelfsakte des FA befindliche Kopie Bezug genommen (Bl. 10 f.).
In der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1998 wurde dieses Darlehen mit seinem Rückzahlungsbetrag in Höhe von 15.817.437,51 DM passiviert. Eine Verzinsung erfolgte nicht.
Seit Ende März 2003 ist Herr X nur noch zu 81,34 % beteiligt; die restlichen Anteile sind auf seine Kinder übertragen worden.
Im Rahmen der bei der Klägerin angeordneten Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2003, beanstandete der Außenprüfer die Unverzinslichkeit des Gesellschafterdarlehens im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – in der in den Streitjahren gültigen Fassung; er beabsichtigte, die Notwendigkeit der Abzinsung der Darlehensverbindlichkeit in den Bericht über die Betriebsprüfung aufzunehmen; hierbei bezog er sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF-Schreiben – vom 26. Mai 2005, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2005, 699.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 wandte sich die Klägerin an die Oberfinanzdirektion – OFD-…, mit der Bitte im vorliegenden Fall von einer Abzinsung wegen der drohenden Gefahr der Insolvenz der Klägerin abzusehen. Nach einer verwaltungsinternen Besprechung nahm die OFD mit Schreiben vom 26. Januar 2006 wie folgt Stellung: Da im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine bestimmte Laufzeit des Darlehens gegeben seien, sei das Darlehen mit dem im BMF-Schreiben vorgegebenen Faktor von 0,503 abzuzinsen. Dies entspreche einer Darlehenslaufzeit von 12 Jahren und 10 Monaten. Das FA habe vorgeschlagen, im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung als Darlehenslaufzek die Zeit der Unverzinslichkeit des Darlehens anzusetzen. Dies führe zu einer Laufzeit von sieben Jahren; für ein weiteres Entgegenkommen sehe die OFD keine Möglichkeit. Sofern jedoch im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung eine Einigung erzielt werden könne, werde dies von der OFD begrüßt.
Am 15. März 2006 fand die Schlussbesprechung statt. Nach nochmaliger Diskussion der Abzinsungsproblematik „einigten” sich die anwesenden Personen – Gesellschafter-Geschäftsführer, steuerliche Berater der Klägerin sowie der Außenprüfer und der Sachgebietsleiter Außenprüfung – auf eine Abzinsung mit einer Darlehenslaufzeit von 7 Jahren.
Die Veranlagung wertete den ihr am 20. März 2006 zugegangenen Bericht über die Betriebsprüfung vom 17. März 2006 entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung und der Vereinbarung in der Schlussbesprechung aus. Die entsprechend geänderten Steuerbescheide ergingen unter dem Datum 5. April 2006.
Die festgesetzte Körperschaftsteuer, der Solidaritätszuschlag, sowie die Zinsen zur Körperschaftsteuer ...