Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für den Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz als Berufsausbildungskosten. Einkommensteuer 1993
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen eines Bankkaufmanns für den Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz (ATPL), der sich durch Schulungsmaßnahmen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben hat, die ihn befähigen, seinen erlernten Beruf aufzugeben und nunmehr den Beruf des Verkehrspiloten auszuüben, sind Kosten der Berufsausbildung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
Der Streitwert wird auf 741 DM festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kosten des Erwerbs der Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden können.
Der 1967 geborene Kläger beendete im Streitjahr 1993 erfolgreich die Lehre als Bankkaufmann. Nach nur kurzer Tätigkeit in diesem Beruf besuchte er ab 1.11.1993 die Verkehrsfliegerschule in Bremen, nachdem er bereits im März die Aufnahmeprüfung erfolgreich abgelegt hatte. Er war schon zuvor im Besitz der Privatpilotenlizenz (PPL) und führte als Hobbyflieger u. a. im Rahmen einer ehrenamtlichen Vereinstätigkeit Schlepp-, Passagier- und Fotoflüge durch.
Dem Kläger wurde am 9.3.1995 durch das Luftfahrt-Bundesamt das Prüfungszeugnis über die bestandene theoretische und praktische Prüfung zum Erwerb der Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer in durchgehender Ausbildung ausgehändigt. Schon am 20.2.1995 hatte ihn die … GmbH auf 14./15.3.1995 zu einem Auswahlverfahren für Co-Piloten nach Hamburg eingeladen. Seit 1.7.1995 ist er bei dieser Gesellschaft nach vorausgegangener innerbetrieblicher Typeneinweisung als Flugzeugführer in Stufe I (Co-Pilot) mit Einsatzort … beschäftigt.
Der Kläger machte in der am 29.12.1995 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1993 die im Zusammenhang mit der Ausbildung zum Verkehrspiloten in Höhe von 34.893 DM entstandenen Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Dem Auswahlverfahren ordnete er hierbei 1.780 DM und dem eigentlichen Ausbildungsverfahren 33.113 DM zu.
Im ESt-Bescheid 1993 vom 6.2.1996 berücksichtigte das beklagte Finanzamt diese Kosten lediglich in Höhe von 1.200 DM als Sonderausgaben. Zur Begründung führte die Behörde in einer beigefügten Anlage aus, da bereits eine Berufsausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen worden sei, handele es sich bei der Ausbildung zum Verkehrspiloten um einen Berufswechsel und somit um Ausbildungskosten. Diese könnten jedoch als Sonderausgaben nur bis zu einem Betrag von 1.200 DM steuerlich abgesetzt werden.
Der Kläger legte rechtzeitig Einspruch ein und ließ vortragen, beim Erwerb der Lizenz als Verkehrspilot handele es sich nicht um eine Berufsausbildung im klassischen Sinne. Die Ausbildung habe auf eigene Kosten zwingend mit diesem Werdegang abgeschlossen werden müssen. In Analogie zu dem Erwerb der Führerscheinklasse II (Lkw) mit anschließender Berufsanstellung lägen hier ebenfalls vorweggenommene Werbungskosten vor. Die strittigen Aufwendungen stünden in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit zukünftigen Einnahmen als Arbeitnehmer. Nach Ablegung der Prüfung habe der Kläger sofort eine Anstellung als Pilot gefunden. Zwischen dem Beginn der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer und der späteren Beschäftigung als Co-Pilot sei kein zeitlicher Verzug eingetreten. Der Kläger habe die Ausbildung mit ganzem Einsatz und der konkreten Absicht, eine nichtselbständige Tätigkeit bei einer Fluggesellschaft aufzunehmen, durchlaufen. Das Berufsziel habe von Anfang an festgestanden. Für den Kläger sei nur eine Ausbildung bei der Lufthansa in Frage gekommen, da er dann nach erfolgreichem Abschluss auch bei einer anderen privaten Fluglinie als Pilot eingestellt worden wäre, während dies im umgekehrten Fall aufgrund der Monopolstellung der Lufthansa ausgeschlossen gewesen sei.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 8.8.1996 führte der Beklagte u. a. aus, da die Berufsausbildung im Streitjahr noch nicht abgeschlossen gewesen sei, könnten auch keine vorweggenommenen Werbungskosten vorliegen. Während der Ausbildungsphase bestehe noch kein Rechtsanspruch auf Übernahme in ein späteres Arbeitsverhältnis. Aufwendungen vor Abschluss einer Berufsausbildung stellten daher selbst dann keine vorweggenommenen Werbungskosten dar, wenn der Steuerpflichtige schon während der Ausbildung beabsichtige, seine Vorstellung über eine bestimmte Tätigkeit zu verwirklichen. Die erforderliche klar erkennbare Beziehung zwischen den Ausgaben und der Einkunftsquelle käme erst zustande, wenn die Berufsausbildung abgeschlossen werde. Unabhängig von der Wahl der Fluggesellschaft hätte der Kläger daher zuvor seine Ausbildung zum Verkehrspiloten abschließen müssen.
Der Kläger erhob fristgerech...