Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds und von Zwischengewinnen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist des § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG steht weder § 40 KAGG noch § 17 AuslInvestmG entgegen.
2. Durch die Zwischenschaltung des Investmentvermögens soll keine höhere steuerliche Belastung, aber auch keine niedrigere steuerliche Belastung eintreten.
3. Werden Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen veräußert, gilt der Zwischengewinn als in den Einnahmen aus der Veräußerung gem. § 39 Abs. 1a S. 3 KAGG enthalten.
4. Es ist aufgrund des sog. Transparenzprinzips verfassungsrechtlich nicht geboten, dass Gewinne bei der Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds nicht zu versteuern sind.
5. Die Besteuerung ist auch mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.
6. Der Einwand einer fehlenden Anrechnung ausländischer Steuern betrifft das Erhebungs- und nicht das Festsetzungsverfahren.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1; KAGG §§ 40, 39 Abs. 1a S. 3; AuslInvestmG § 17
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die ledige Klägerin, eine Versicherungsangestellte, erwirbt und veräußert nebenberuflich u.a. diverse in- und ausländische Investmentfondsanteile.
Sie erklärte in ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 1999 u.a. Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 202.817 DM abzüglich 6.550 DM Werbungskosten sowie sonstige Einnahmen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 2.519.856 DM (1.288.382 EUR) abzüglich 120.259 DM Werbungskosten. Von den Einnahmen entfielen 125.104,12 EUR auf Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Im Übrigen entfielen die Gewinne auf die Veräußerung von Fondsanteilen –Fonds Bank I 1.143.323,49 EUR und Fonds Bank II 19.955,11 EUR. Die Klägerin fügte jeweils handschriftliche Aufstellungen der im Streitjahr getätigten Veräußerungen von Fondsanteilen bei. Sie listete jeweils auf: Aktionstag, Valuta, Titel, Kurs, Stück, Zwischengewinn in DM und EUR, „anzur.” Zwischengewinn, zu versteuernden Betrag in DM und EUR, Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewinn insgesamt in EUR, Gewinn / Stück in EUR, Gewinn Zins in DM und EUR, Spekulationsgewinn in EUR und Aktionsbetrag. Wegen der Einzelheiten werden auf die handschriftlichen Aufzeichnungen Bezug genommen (ESt-Akten, S. 16-30).
Der Beklagte (Bekl) bezog die sonstigen Einkünften in Höhe von 2.399.597 DM in die steuerliche Bemessungsgrundlage ein und setzte mit Bescheid vom 8. Mai 2001 ESt 1999 in Höhe von 1.377.233 DM (704.168,05 EUR) fest.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sodann änderte der Bekl den ESt-Bescheid 1999 ohne Auswirkung auf die ESt. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage und macht im Wesentlichen geltend, bei den betroffenen Investmentfonds handle es sich um Sondervermögen i.S. des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften in der für das Streitjahr gültigen Fassung – KAGG – oder des Auslandsinvestmentgesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung –AuslInvestmG –. Diese Gesetze enthielten abschließende Regelungen zur Besteuerung von Investmentanteilen. Werde die Veräußerung der Anteile nicht geregelt, führe dies dazu, dass die Veräußerungserlöse nichtsteuerbare Einkünfte seien. Neben den Spezialregeln komme § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr gültigen Fassung – EStG nicht zur Anwendung. Es fehle an einem entsprechenden Verweis in den spezialgesetzlichen Normen. Eine klärende höchstrichterliche Regelung gebe es (noch) nicht. In der Literatur werde das Verhältnis von KAGG bzw. AuslInvestmG zu § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG kontrovers diskutiert.
Anteilsscheininhaber hätten die ihnen zuzurechnenden steuerpflichtigen Erträge aus Investmentfonds als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern, sofern diese sich in deren Privatvermögen befinden. Die Erträge flössen ihnen im Falle ausschüttender Fonds am Tag der Gutschrift der Erträge, bei Thesaurierung mit Ablauf des Fondsgeschäftsjahres zu. Ausschüttungen seien grundsätzlich steuerpflichtig. Bei unterjähriger Rückgabe von Anteilsscheinen sei der im Rücknahmeoder Veräußerungserlös enthaltene Zwischengewinn seit 1994 steuerpflichtig. Der Zwischengewinn stelle dabei das vom Anteilseigner vereinnahmte Entgelt für die ihm noch nicht durch Ausschüttung zugeflossenen oder bei Thesaurierung als zugeflossen geltenden Einnahmen des Fonds dar, wenn diese Einnahmen auch bei Ausschüttung oder Thesaurierung steuerpflichtig wären. Die beim Erwerb von Anteilsscheinen gezahlten positiven Zwischengewinne seien negative Einnahmen aus Kapitalvermögen.
Die steuerliche Erfassung der Anteilsscheininhaber von in- und auslän...