Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnerhöhende Auflösung einer über den gesetzlichen Höchstbetrag hinaus gebildeten Ansparrücklage bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Gewinnfeststellung 1998
Leitsatz (redaktionell)
Hat das FA bei einem Unternehmer mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG in einem bestandskräftig gewordenen Einkommensteuer- oder Feststellungsbescheid die Bildung einer Ansparrücklage über den gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbetrag von 300000 DM hinaus zu Unrecht als Betriebsausgabe anerkannt und wurde bis zum zweiten Folgejahr keine entsprechende Investition vorgenommen, so sind für das zweite Folgejahr nicht nur 300000 DM, sondern auch der darüber hinausgehende Rücklagebetrag gewinnerhöhend zuzüglich eines Gewinnzuschlages nach § 7 g Abs. Abs. 4 S. 2, Abs. 5 und 6 EStG als Betriebseinnahme zu erfassen.
Normenkette
EStG 1998 § 7g Abs. 4 S. 2, Abs. 5, 3, 6, § 4 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine – mit bestandskräftigem Feststellungsbescheid vom FA anerkannte – zu Unrecht gebildete Ansparabschreibung nach dem Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres zzgl. eines Gewinnzuschlages gewinnerhöhend aufzulösen ist.
Der Kläger ist als Arzt freiberuflich tätig und ermittelt seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss- Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Im Veranlagungszeitraum 1996 bildete er für die künftige Anschaffung eines weiteren Kernspintomographen eine Rücklage gemäß § 7 g Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 EStG (Ansparabschreibung) in Höhe von 700.000 DM. Hierzu machte er gemäß der Einnahmen-Überschuss- Rechnung für das Jahr 1996 eine „Zuführung Rücklage gem. § 7 g EStG” in Höhe von 700.000 DM als Betriebsausgabe geltend. Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte die Bildung der Ansparabschreibung in Höhe von 700.000 DM an und stellte mit Feststellungsbescheid vom 11. März 1998 für das Jahr 1996 einen Gewinn in Höhe von 51.678 DM fest. Der Bescheid wurde am 14. April 1999 bestandskräftig. Nach einer Außenprüfung wurde der Gewinn für das Jahr 1996 – aus das Streitverfahren nicht berührenden Gründen – mit Änderungsbescheid vom 28. November 2003 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) mit 700.704 DM festgestellt.
In seiner Erklärung zur Gewinnfeststellung für das Jahr 1998 erklärte der Kläger die Auflösung der Ansparabschreibung gemäß § 7 g Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 6 EStG in Höhe von 300.000 DM als Einnahmen zuzüglich eines Gewinnzuschlags in Höhe von 28.586,76 DM. Die beabsichtigte Anschaffung des Kernspintomographen war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.
Den mit Bescheid vom 6. Juni 2000 erklärungsgemäß für das Jahr 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgestellten Gewinn in Höhe von 884.440 DM erhöhte das FA mit Änderungsbescheid vom 26. Februar 2001 gemäß § 164 Abs. 2 AO auf 1.332.440 DM.
Zur Begründung führte das FA aus:
„98: 884.440 DM erklärt + 400.000 DM § 7 g Abs. III + 40.000 (gemeint sind wohl 48.000 DM) § 7 g Abs. V EStG”.
Mit Feststellungsbescheid für 1998 vom 28. November 2003 wurde der Gewinn für das Jahr 1998 – aus das vorliegende Verfahren nicht berührenden Gründen – geändert und mit 1.336.182 DM festgestellt.
Der Einspruch des Klägers gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 1998 vom 26. Februar 2001 wurde vom FA mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Mit seiner am 12. November 2001 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die gewinnwirksame Auflösung der Ansparabschreibung in Höhe von 400.000 DM und die Festsetzung eines Gewinnzuschlags in Höhe von 48.000 DM seien zu Unrecht erfolgt. Er wende sich nicht dagegen, dass die im Jahr 1996 gebildete Rücklage, soweit sie in Höhe von 300.000 DM gesetzeskonform gebildet worden sei, im Streitjahr 1998 aufgelöst werde. Soweit die Rücklage jedoch über den darüber hinausgehenden Betrag in Höhe von 400.000 DM gesetzeswidrig gebildet worden sei, biete § 7 g EStG keine Ermächtigungsgrundlage für eine Auflösung. Soweit das FA vortrage, eine Auflösung im Sinne des § 7 g Abs. 4 EStG setze nicht voraus, dass die Bildung der Rücklage zulässig gewesen sei, betreffe dies den hier nicht vergleichbaren Fall, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Ansparabschreibung insgesamt, namentlich die Investitionsabsichten des Steuerpflichtigen bei der Bildung der Rücklage, nicht gegeben waren. Im vorliegenden Fall habe jedoch der Kläger unstreitig investieren wollen, habe dies jedoch nicht in der gesetzlich vorgesehenen Frist tun können.
Dass für ihn dadurch möglicherweise ein unberechtigter Steuervorteil eintrete, sei im Rahmen der teleologischen Reduktion sowie im Sinne des Rechtsfriedens im Lichte des bestandskräftigen, fehlerhaften Gewinnfeststellungsbescheids des Jahres 1996 hinzunehmen. Jedenfalls greife keine der Änderung...