Entscheidungsstichwort (Thema)
Invalidenrente aus privater Unfallversicherung ist als abgekürzte Leibrente einkommensteuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
Die Invalidenrente aus einer privaten Unfallversicherung ist als abgekürzte Leibrente einkommensteuerpflichtig nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchts. a, bb EStG soweit sie nicht aufgrund einer privaten Schadensersatzpflicht, sondern wegen einer Erkrankung des Bezugsberechtigten gezahlt wird.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst.a, bb
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht einer Invaliditätsrente aus einer privaten Unfallversicherung.
Die Klägerin ist seit 2002 an multipler Sklerose erkrankt. Seit Februar 2002 ist sie als Schwerbeschädigte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 50% anerkannt. Aus einer im Jahr 1985 abgeschlossenen, privaten Unfallversicherung erhält sie seitdem eine Invaliditätsrente, die ihr wieder entzogen werden kann, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit die Grenze von 50% wieder unterschreitet. Aus den Versicherungsbedingungen der X Versicherung ergibt sich für die Invaliditätsrente folgendes: „§ 5 Leistungsanspruch
In Abänderung des § 14 II. AUB und Ziffer 1 der besonderen Bedingungen für die Unfallrente gemäß AUB 97 wird die Invaliditätsrente im Krankheitsfall rückwirkend ab Beginn des Monats, in dem die dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten von mindestens 50 Prozent festgestellt wurde, geleistet….
Die Rente wird monatlich im Voraus in der versicherten Höhe bis zum Ende des Monats gezahlt, in dem
- • Der Versicherte stirbt oder
- • Der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt, dass eine erneut vorgenommene ärztliche Bemessung ergeben hat, dass der Grad der Dauerschädigung unter 50% gesunken ist…”
Auf die Unterlagen des Versicherungsvertrages wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Im Streitjahr zahlte die X Versicherung eine Rente in Höhe von 6.144 Euro, die die Klägerin als Renteneinkünfte erklärte. Sie bat dabei um Prüfung, ob die Rente überhaupt steuerpflichtig sei. Der Beklagte erfasste die Rente mit einem unstreitigen Ertragsanteil von 51% als steuerpflichtige Einkünfte.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage. Die Klägerin trägt vor, dass die Rente nur ihren krankheitsbedingten Mehrbedarf abdecke. Bedingt durch ihre Erkrankung müsse sie viele Medikamente einnehmen, die nur zum Teil von der Krankenkasse gezahlt würden. Auch nehme sie zur Linderung ihrer Erkrankung therapeutischen Reitunterricht. Zudem würde sie krankheitsbedingt häufiger stürzen und sich dabei ihre private Kleidung zerstören. Bedingt durch ihre Erkrankung ziehe sie auch ihren linken Fuß nach; dies führe zu einem erhöhten Verschleiß an Schuhen, den sie steuerlich nicht geltend machen könne. Auch in ihrem privaten Wohnumfeld müsse sie bereits heute Vorsorge für den weiteren Verlauf ihrer Erkrankung treffen. Auch die insoweit erforderlichen Aufwendungen könne sie steuerlich nicht geltend machen. Die Rente gleiche diesen Mehrbedarf nur aus und müsse daher steuerfrei bleiben.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2007 den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. März 2007 zu ändern und den Ansatz sonstiger Einkünfte in Höhe von 3.031 Euro zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aufwendungen, die der Klägerin infolge ihrer Erkrankung entstehen würden, seien als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dies ändere aber an der Steuerpflicht der privaten Invaliditätsrente nichts. Der Gesetzgeber habe nur die Invaliditätsrente aus der gesetzlichen Versicherung steuerfrei gestellt, dagegen gehe das Steuerrecht von der Steuerpflicht der Renten aus entsprechenden privaten Versicherungsverträgen aus.
Im Klageverfahren fand bereits ein Erörterungstermin statt. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Invaliditätsrente aus der privaten Unfallversicherung wurde zurecht vom Beklagten bei der Besteuerung erfasst. Die Rente deckt nicht – wie eine private Schadenersatzrente – nur einen Mehrbedarf ab.
Die von der Klägerin bezogene private Berufsunfähigkeitsrente ist eine abgekürzte Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a, bb des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie wird der Klägerin seit 2002 als Dauerleistung gewährt. Die Leistung kann nur widerrufen werden, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin unter 50% sinken sollte. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Rente ist daher mit einem Ertragsanteil von 51% steuerpflichtig, denn die Klägerin war bei Beginn des Rentenbezugs 17 Jahre alt (BFH, Urteil vom 9.02.2005, X R 11/02, HFR 2005, 539; Weber-Grellet in Schmidt, EStG § 22 Rz. 44).
Der Invaliditätsrente kommt dagegen nicht der Charakter einer Mehrbedarfsrente im Sinne des Ausgleichs eines Schadens im...