Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit der Arbeitgeberbeiträge an Schweizer Pensionskasse. Steuerbarkeit der von Schweizer Pensionskasse gezahlten Austrittsleistung und Zinsen
Leitsatz (redaktionell)
1. Erbringt ein Schweizer Arbeitgeber nach gesetzlichen Vorschriften der Schweiz obligatorische Leistungen für einen in Deutschland ansässigen Grenzgänger an eine Schweizer Pensionskasse, unterliegen die Beiträge als Arbeitslohn der inländischen Besteuerung. Der Arbeitslohn ist insoweit als Zukunftssicherungsleistung nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.
2. Versichern die Beiträge an die Schweizer Pensionskasse den über den koordinierten Lohn hinausgehenden Lohn, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 S. 4 EStG in Betracht.
3. Arbeitslohn und keine Pauschalzuweisung liegt vor, wenn der Schweizer Arbeitgeber jährlich der Höhe nach schwankende Zuwendugen aus seinem Reingewin in die Schweizer Pensionskasse einbezahlt, die nach gleichen Teilen auf die Arbeitnehmer verteilt werden und einen unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die Versorgungseinrichtung begründen.
4. Die dem Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Pensionskasse ausbezahlte Austrittsleistung ist nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren, so dass eine Besteuerung nach Art. 21 DBA-Schweiz ausscheidet.
5. Die in der Austrittsleistung der Schweizer Pensionkasse enthaltenen Zinsen sind nicht nach Art. 11 DBA-Schweiz der inländischen Besteuerung zu unterwerfen. Sie unterliegen nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.
Normenkette
DBA CHE Art. 15a Abs. 1 S. 1, Art. 21, 11; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) dd), Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 62 Sätze 1, 4, § 20 Abs. 1 Nr. 6; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 22. Oktober 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 2003 wird die Einkommensteuer auf xx.xxx DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger waren Eheleute, die für den Veranlagungszeitraum 2001 (Streitjahr) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Ehe wurde im Jahr 2005 geschieden.
Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Juli 1988 als Angestellte (Laborantin – Zeile 4 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung für das Streitjahr, Bl. 1/2001 der Einkommensteuerakten Bd I [im folgenden: ESt-Akten]) bei der Firma X AG – im folgenden: X-AG (s. Arbeitsvertrag vom 15. März 1988, Bl. 57-59 des Hefters) – in Basel. Als im Inland ansässiger Grenzgängerin (im Sinne des Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 [BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519] in der Fassung des Protokolls vom 21. August 1992 [BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928] – DBA-Schweiz 1992 –) steht hinsichtlich der Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht zu für die Vergütungen (Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992) der Klägerin aus ihrer Tätigkeit für die X-AG.
Das Arbeitsverhältnis sollte aufgrund der Kündigung der X-AG vom 27. April 2001 zum 30. August 2001 beendet werden (s. Bl. 32 und 33 des Hefters). Nachdem die Klägerin zuvor einen neuen Arbeitgeber gefunden hatte (die Fa. Y GmbH in G/Deutschland – im folgenden: Y-GmbH –), kündigte sie selbst zum 31. Mai 2001. Zu diesem Zeitpunkt endete daraufhin das Arbeitsverhältnis (Hinweis auf den Lohnausweis [Bl. 11 der ESt-Akten] und die Gehaltsabrechnung für Mai 2001 [Bl. 60 des Hefters]).
Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt die Klägerin eine „Abgangsentschädigung” von der X-AG in Höhe von xx.xxx CHF (=xxx.xxx DM unter Ansatz des durchschnittlichen Umrechnungskurses: 128 DM = 100 CHF [Anlage N-Gre unten, Bl. 9 der ESt-Akten]). Wegen der Zusammensetzung der „Abgangsentschädigung” wird auf das Schreiben der X-AG vom 27. April 2001 verwiesen (s. Abgangsentschädigung bei Austritt per 31. August 2001, Bl. 34 des Hefters) und hinsichtlich der Einnahmen der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von xxx.xxx DM im angegriffenen Einkommensteuerbescheid vom 22. Oktober 2002 wird auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 27. Juni 2006 verwiesen (Bl. 67 und 68 der FG-Akten).
Mit Beginn ihrer Tätigkeit war die Klägerin in die Stiftung „Pensionskasse der X AG” – im folgenden: Pe...