rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch für kurze Übergangszeit nach Ende der Berufsausbildung und vor Beginn des Zivildienstes. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kind, das nach Ende der Berufsausbildung und vor Ableistung des Zivildienstes kurzfristig ohne Beschäftigung und danach arbeitslos ist, befindet sich kindergeldrechtlich nicht in einer Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (vgl. Rechtsprechung zum Begriff des „Ausbildungsabschnitts”).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Kindergeld auch dann zu gewähren ist, wenn das Kind nach Ende der Berufsausbildung und vor Ableistung des Zivildienstes kurzfristig ohne Beschäftigung, danach arbeitslos ist.
Der am 20. September 1980 geborene Sohn … (G) des Klägers (Kl.) befand sich bis 6. Februar 2002 in Berufsausbildung und erzielte in diesem Zeitraum einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 1.049,28 EUR. Der Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag betrug 217,74 EUR. Bis zum 31. März 2002 ging er keiner Tätigkeit nach, war auch nicht als Arbeitsuchender gemeldet und erzielte in diesem Zeitraum keine Einkünfte und Bezüge. Ab April 2002 bis Januar 2003 leistete G Zivildienst. Für das Jahr 2002 erhielt er Sold i.H.v. 4.375,72 EUR. Ab 1. Februar 2003 meldete er sich arbeitslos. Seit dem 17. März 2003 ist G wieder berufstätig. Der Beklagte (Bekl) hob mit Bescheid vom 7. April 2003 die Festsetzung des Kindergelds ab März 2002 auf. Der Kl. begehrte erfolglos Kindergeld für März 2002 mit dem Vortrag, G habe sich im März 2002 in einer Übergangszeit zwischen Ausbildung und Zivildienst befunden. Dem folgte der Bekl nicht, weil G im Anschluss an den Zivildienst keine Ausbildung aufgenommen habe.
Der Kl. beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 7. April 2003 und der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2003 wird der Bekl verpflichtet, Kindergeld für März 2002 festzusetzen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen
unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung und auf Tz. 63.3.3 Abs. 1 Satz 4 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetze – DA-FamEStG –, Stand Mai 2000, BStBl I 2000, 636.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 b EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat (u.a.) berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes liegt. Vorliegend ist das Tatbestandsmerkmal „Ausbildungsabschnitt” nicht erfüllt. Dies folgt schon aus dem Gesetzeswortlaut. Da mit Abschnitt ein „Teilstück” bezeichnet wird (vgl. Brockhaus), stellt ein Ausbildungsabschnitt einen Teil einer Ausbildung dar. Folglich hat die Rechtsprechung einen Ausbildungsabschnitt angenommen, wenn der Schulausbildung eine Lehre/Studium folgt oder wenn sich an das Studium mit dem 1. Staatsexamen ein Referendariat anschließt (BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 20/02, BFH/NV 2005, 36). Einen Ausbildungsabschnitt hat die Rechtsprechung auch dann noch anerkannt, wenn nach Abschluss einer Berufsausbildung eine weitere – mit unterschiedlichem Berufsziel – aufgenommen wird (BFH-Urteil vom 4.12.1969 IV 329/64, BStBl II 1970, 450, BFHE 98, 244). Demgegenüber hat die Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, BStBl II 2002, 481, BFHE 197, 92, BFH/NV 2002, 260) einen Ausbildungsabschnitt selbst dann abgelehnt, wenn das Kind nach Abschluss der Berufsausbildung eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt, sich zuvor erfolgreich um einen Ausbildungsplatz beworben und diesen nach Beendigung der Vollzeiterwerbstätigkeit auch angetreten hat. Da G seine Ausbildung am 6. Februar 2002 beendet hatte und sich nach Abschluss des Zivildienstes keine weitere Ausbildung anschloss, lagen keine Ausbildungsabschnitte vor; G befand sich daher auch in keiner Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten.
Diese Auffassung wird auch durch die Gesetzesbegründung (vgl. Bundestags-Drucksache vom 29.05.2001, 14/6160, S. 20) bestätigt, denn nach dieser ist der seit 2002 geltende § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 b EStG nur dann erfüllt, wenn das Kind „seine Ausbildung wegen Ableistung des Grundwehrdienstes unterbricht,” d.h. eine solche muss danach fortgesetzt werden. Somit wollte der Gesetzgeber ersichtlich nicht alle denkbaren Unterbrechungstatbestände sondern nur spezielle privilegieren.
Außerdem wird das Auslegungsergebnis durch die historische Entwicklung belegt. So wurden nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 bb EStG 1971 volljährige Kinder berücksichtigt, wenn (u.a.) die Berufsausbildung durch die Einberufung zum Wehrdienst unterbrochen worden ist. Auch hier forderte das Gesetz – und ihm folgend die Verwaltung (vgl. Beispiele in A 180 Abs. 3 EStR 1972) – ei...