Entscheidungsstichwort (Thema)
Unabhängigkeit der erstmaligen gesonderten Verlustfeststellung von der Änderbarkeit des Einkommensteuerbescheids des Verlustentstehungsjahrs. jedoch keine Verlustfeststellung, wenn Verlust im festsetzungsverjährten Zeitraum (der Einkommensteuerbescheide) bereits verbraucht wäre
Leitsatz (redaktionell)
1. Der erstmaligen gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs gem. § 10d Abs. 3 S. 1 EStG a. F. steht nicht entgegen, dass der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr bestandskräftig ist und darin kein nicht ausgeglichener Verlust berücksichtigt wurde (vgl. BFH v. 17.9.2008, IX R 92/07 und vorgehend FG Brandenburg v. 27.4.2006, 5 K 2257/04).
2. Die Verlustfeststellung ist jedoch nicht durchzuführen, wenn der Ablauf der Frist für die gesonderte Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 3 EStG a. F. nicht gem. § 181 Abs. 5 AO unbeachtlich ist, weil unter Berücksichtigung der Grundsätze des sog. Soll-Verlustabzugs der erstmals festzustellende verbleibende Verlustabzug im bereits festsetzungsverjährten Zeitraum durch Verrechnung mit den in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Gesamtbeträgen der Einkünfte verbraucht wäre.
3. Bei der Prüfung der „Bedeutung” i. S. von § 181 Abs. 5 S. 1 AO ist auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs bzw. bei einer Verpflichtungsklage zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (entgegen FG Düsseldorf v. 22.5.2007, 3 K 1200/04 F, entgegen FG München v. 20.7.2010, 2 K 2868/08, vgl. BFH v. 11.2.2009, I R 15/08).
Normenkette
EStG 1990 § 10d Abs. 3; AO § 181 Abs. 5 S. 1, Abs. 1 S. 1, §§ 169, 171 Abs. 3, 3a; EStG 2002 § 10d Abs. 4 S. 6, § 52 Abs. 25 S. 5 Fassung: 2006-12-13
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine erstmalige gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1994.
Der Kläger war im Jahr 1994 zu 40 % am Stammkapital der im November 1990 gegründeten X-GmbH beteiligt. Gleichzeitig war er bis zum 5. Juli 1994 Geschäftsführer dieser GmbH.
Die X-GmbH nahm zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit in den Jahren 1991 und 1992 Darlehen auf, für die der Kläger Sicherheiten leistete. Dabei handelte es sich um Grundschulden und selbstschuldnerische Bürgschaften für Darlehen der Bank A / Bank B sowie der Bank C. Am 8. Dezember 1994 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH mangels Masse eingestellt.
Die Darlehensgeber nahmen den Kläger aus den ihnen gewährten Sicherheiten in Anspruch. Im Jahr 1998 nutzte der Kläger den Erlös aus der Veräußerung des belasteten Grundstücks, um durch eine Vergleichszahlung in Höhe von DM … seine Verpflichtungen gegenüber der Bank C (nunmehr Bank D) abzulösen. Weitere DM … dieses Erlöses leistete der Kläger auf die Bürgschaftsverpflichtungen gegenüber der Bank A / Bank B, für die er bereits am 3. Mai 1996 zwei notarielle Schuldanerkenntnisse über DM … bzw. DM … zuzüglich Zinsen abgegeben hatte. Hierfür sollte der Kläger nach einem Schreiben der Bank A vom 21. Juni 1996 monatliche Raten in Höhe von DM … zahlen. Der Kläger löste seine Verpflichtungen gegenüber der Bank A / Bank B (nunmehr Bank E) letztlich im Mai 2007 durch zwei Vergleichszahlungen in Höhe von EUR … bzw. EUR … ab, die er durch ein Darlehen der Bank F in Höhe von EUR … finanzierte. Die nach dem Darlehensvertrag mit der Bank F zu zahlenden Nebenleistungen in Höhe von EUR … (DM …) setzen sich aus EUR … Zinsen, EUR … Bearbeitungsgebühr und EUR … Restschuldversicherung zusammen.
Mit der am 27. Dezember 1996 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 machten die Kläger einen Verlust des Klägers aus Gewerbebetrieb nach § 17 Einkommensteuergesetz – EStG – in Höhe von DM … geltend. Die Steuererklärung enthielt hierzu keine weitere Angaben oder Nachweise. Der Beklagte berücksichtigte diesen Verlust im Änderungsbescheid vom 29. April 1997 nicht und setzte die Einkommensteuer bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von DM … auf DM 0 fest.
Am 15. August 2000 beantragten die Kläger eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1994 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – wegen nachträglicher Anschaffungskosten für die Beteiligung des Klägers an der X-GmbH. Der Kläger sei von den Gläubigern der GmbH für nicht ausgeglichene Verbindlichkeiten in Anspruch genommen worden. In einer Anlage führten die Kläger Zahlungen an Krankenkassen und Kreditinstitute in Höhe von DM … auf.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Januar 2001 ab, da mangels eines eigenkapitalersetzenden Charakters der Bürgschaften keine nachträglichen Anschaffungskosten vorlägen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens forderte der Beklagte mit den Schreiben vom 24. Juli und 28. November 200...