Entscheidungsstichwort (Thema)
Kleingartenflächen sind regelmäßig dem Grundvermögen zuzuordnen. kein Insichprozess, wenn von einem Steuerverwaltungsakt betroffener Fiskus den Finanzrechtsweg beschreitet
Leitsatz (redaktionell)
1. Der ständigen Rechtsprechung des BFH, die Kleingartenflächen allein wegen des Pachtschutzes dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuordnet und davon nur eine Ausnahme zulässt, wenn aus besonderen Umständen ersichtlich ist, dass das Land demnächst der Bebauung oder einer anderen nichtgärtnerischen Nutzung zugeführt wird, ist nicht (mehr) zu folgen.
2. Für die Abgrenzung des landwirtschaftlichen Vermögens vom Grundvermögen bei Kleingärten kommt es nicht auf die zeitliche Dauerhaftigkeit des Pachtschutzes (eine rechtliche Kautele), sondern auf den Hauptzweck an, also die Frage, welcher von mehreren Zwecken bei der Nutzung überwiegt.
3. Der Senat ist davon überzeugt, dass heute (und auch schon zum hier streitigen Fortschreibungszeitpunkt 1.1.2001) die Motivation der weit überwiegenden Zahl der Kleingartenpächter die Suche nach Ruhe und Erholung ist bzw. war und die gärtnerische Produktion allenfalls ein untergeordneter Nebenzweck. Kleingartenflächen sind daher in der Regel dem Grundvermögen zuzuordnen.
4. Beschreitet der von einem Steuerverwaltungsakt betroffene Fiskus den Finanzrechtsweg, handelt es sich nicht um einen unzulässigen Insichprozess.
Normenkette
BewG § 69 Abs. 1, 3 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Das klagende Land streitet mit sich selbst (Bezirksamt gegen Finanzamt) um die Frage, ob Kleingartenland bei der Einheitsbewertung für die Grundsteuer als land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder als Grundvermögen einzuordnen ist.
I.
Das 297.417 m² große, in Westteil Berlins gelegene Grundstück (sog. „B…”, auch „C…” genannt, 331.061 m² abzüglich 10 % für Wege verbleiben 297.955 m², abzüglich 538 m² als gesonderte wirtschaftliche Einheit mit eigener Steuernummer für Vereinsheim ausgegliedert) ist parzelliert und vom Eigentümer an einen Zwischenpächter, den Bezirksverband der Kleingärtner D… e. V., unbefristet verpachtet. Die Größe der Parzellen beträgt jeweils rund 250 m². Auf den Parzellen befinden sich eingeschossige Lauben, die in der Regel maximal 24 m² Grundfläche haben und von einfacher Bauart, ohne Unterkellerung, sind. Die Parzellen sind mit Strom und Wasser erschlossen. Abwasser wird in Sammelbehältern bis zur Entsorgung gelagert. Zum Übernachten sind die Lauben teilweise geeignet, jedoch nicht zum dauernden Aufenthalt, der vertraglich auch nicht erlaubt ist. Insbesondere sind die Lauben im Winter nicht nutzbar. Die Lauben sind überwiegend als Holzbauten, teilweise auch als Steinbauten, errichtet. Die kleingärtnerische Nutzung beträgt mindestens ein Drittel der Kleingartenfläche, mit dem Anbau von Obst, Gemüse, Nutzpflanzen, Kräutern, Sommerblumen. Bei diesem Drittel handelt es sich um die Mindestvorgabe, die vom klägerischen Bezirksamt stichprobenartig kontrolliert wird. Bei vielen Kleingärten ist der Anteil der Ertragsbepflanzungen höher. Die Ertragsbepflanzungen überwiegen jeweils die Zierbepflanzungen.
Die Fläche liegt im Bereich mehrerer im Aufstellungsverfahren befindlicher Bebauungspläne. Nach derzeitigem Planungsstand soll die Fläche jeweils als Dauerkleingarten mit Gründurchwegung ausgewiesen werden (zum Sachverhalt: FG-A Bl. 49).
II.
Hintergrund des Streits ist folgende Entwicklung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und bei Berliner Verwaltungsanweisungen:
1.a)
Reichsfinanzhof – RFH –, Urteil vom 07.12.1939 III 147/39, RFHE 48, 62, RStBl 1940, 9:
Das Finanzamt – FA – hatte künftiges Bauland angenommen. Das Finanzgericht – FG – hatte entschieden, dass ein gärtnerischer Betrieb auch bei Erzeugung zum bloßen Selbstverbrauch vorliegen könne. Ob eine Widmung vorwiegend zur Erholung vorliege, die gärtnerische Nutzung ausscheide, sei nicht nach dem Nutzungseinzelfall, sondern nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Es spreche eine allgemeine Vermutung dafür, dass auch die zur Zeit noch gärtnerisch (nur des Ertrags wegen) genutzten Grundstücke in absehbarer Zeit Erholungszwecken dienen würden, weil die Wohnbebauung näher rücke.
Der RFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben, die Sache an das FG zurückverwiesen und ausgeführt: Das FG habe zutreffend entschieden, dass auch eine Erzeugung zum Eigenverbrauch (nicht nur bei gewerblicher Veräußerung) als eine Erzeugung des Erwerbs wegen anzusehen sei. Unzureichend sei aber die Begründung des FG für die Annahme, dass das zu bewertende Gelände in absehbarer Zeit anderen als Erwerbszwecken, nämlich Erholungszwecken diene. Es komme darauf an, ob der Rohertrag die Kosten decke, ob also die Wirtschaftseinnahmen die Wirtschaftsausgaben zumindest ausglichen. Es entspreche der Erfahrung, dass der Kleingärtner durch Ausnutzung der eigenen Arbeitskraft seiner Familie billige Gartenfrüchte für den eigenen Haushalt e...