Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Entfernungspauschale bei Fahrten des Vermieters zu den vermieteten Objekten
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte im Fall von Vermietungseinkünften wird der Auffassung des FG Nürnberg (v. 4.5.1977, V 163/75) gefolgt, wonach der Ort der regelmäßigen Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 EStG für jedes einzelne Mietobjekt gesondert zu bestimmen ist, sodass ein Steuerpflichtiger zwar für jedes Vermietungsobjekt nur eine regelmäßige Tätigkeitsstätte haben kann, bei Vorliegen mehrerer Vermietungsobjekte innerhalb der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aber mehrere regelmäßige Tätigkeitsstätten haben kann (Abgrenzung von dem BFH v. 9.6.2011, VI R 55/10).
2. Eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Vermietungsobjekt kann nur angenommen werden, wenn sich am Vermietungsobjekt im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls der quantitative und qualitative Mittelpunkt der gesamten auf dieses Objekt bezogenen, auf die Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen befindet. Gegen eine Einordnung des Vermietungsobjekts als regelmäßige Tätigkeitsstätte spricht insbesondere, wenn dieses nur gelegentlich aufgesucht wird, wogegen regelmäßige Fahrten zum und die Vornahme umfangreicher Verwaltungs-, Instandhaltungs-, Überwachungs- und Pflegetätigkeiten am Vermietungsobjekt für eine regelmäßige Arbeitstätte sprechen.
3. Bei 166 bzw. 215 Fahrten eines Vermieters in einem Jahr zu zwei Vermietungsobjekten, um dort z.B. Kontrollen und regelmäßige Arbeiten (z. B. streuen, fegen, wässern oder pflanzen) vorzunehmen, stellen beide Mietobjekte für den Steuerpflichtigen jeweils eine regelmäßige Tätigkeitsstätte dar, sodass die Fahrten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können. Die Entfernungspauschale ist auch bei mehreren Fahrten am selben Tag zum selben Objekt nur einmal zu gewähren und gilt insoweit alle Fahrten am selben Tage ab.
Normenkette
EStG 2010 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, Abs. 3, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger wurden im Streitjahr 2010 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Klagegegenstand ist die Behandlung von Fahrtkosten des Klägers im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im Streitjahr erzielten der Kläger u. a. Einkünfte aus der Vermietung dreier Wohnungen in der C.-straße in E.; außerdem erzielten die Kläger gemeinsam Einkünfte aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses in der D.-straße in E.. Letzteres Objekt hatten die Kläger im Jahr 2007 erworben und im Anschluss umfangreiche Handwerkerleistungen durchführen lassen, welche im Streitjahr 2010 noch andauerten.
In der am 14.09.2010 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger Fahrtkosten i. H. v. 3.224 gefahrene Kilometer * pauschal 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer = 967,20 EUR für Fahrten zu den beiden Vermietungsobjekten geltend, welche sie anteilig als Werbungskosten bei beiden Objekten ansetzten (vgl. Fahrtenbuch, Einkommensteuerakte – ESt-Akte – Bd. XIII Bl. 93ff.). Angaben zu den tatsächlichen Gesamtkosten des Fahrzeugs liegen für 2009 nicht vor, ebenso ist nicht klar, ob es sich bei den in 2009 aufgezeichneten Kilometern für Fahrten zu den Vermietungsobjekten um die Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs in diesem Jahr handelt. Mit Bescheid vom 18.11.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2009 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach Beantwortung einiger Nachfragen durch die Kläger hob der Beklagte am 16.12.2010 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
In der am 31.08.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte der Kläger in der Anlage V für das Objekt C.-straße (ESt-Akte Bd. XIV Bl. 62) als Werbungskosten u. a. eine Position „Steuerberater, Kfz-Kosten” i. H. v. 3.892,00 EUR. In der Anlage V für das Objekt D.-straße (ESt-Akte Bd. XIV Bl. 80) erklärten die Kläger als Werbungskosten u. a. eine Position „Kfz-Kosten, Beratung, Sonstiges” i. H. v. 6.748,00 EUR.
Bei den Klägern wurde in der Folgezeit eine betriebsnahe Veranlagung – BNV – durchgeführt.
Aus der BNV-Akte ergibt sich, dass in den Werbungskosten der beiden Objekte C.-straße und D.-straße in den genannten Positionen Fahrtkosten i. H. v. jeweils 3.711,41 EUR (insgesamt 7.422,81 EUR) enthalten sind (vgl. Einzelaufstellung BNV-Akte Bl. 8 sowie Stellungnahme des Steuerberaters der Kläger vom 13.02.2012, BNV-Akte Bl. 46).
Dabei handelt es sich um die gesamten Kosten (vgl. Einzelaufstellung BNV-Akte Bl. 116) eines Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen B-GS 4436, mit dem er im Jahr 2010 insgesamt 3.345 km zurückgelegt hat. Die gefahrenen Kilometer setzen sich wie ...