Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Spartenrechnung bei Altverlusten aus dauerdefizitärem Betrieb einer Eigengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. § 8 Abs. 9 KStG ist u. a. dann anzuwenden, wenn für eine Kapitalgesellschaft § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt und die Kapitalgesellschaft mehr als eine Tätigkeit ausübt, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts jeweils zu einem Betrieb gewerblicher Art führen würde.
2. § 8 Abs. 7 KStG schließt die Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen bei dauerdefizitären Eigengesellschaften juristischer Personen des öffentlichen Rechts aus.
3. Rühren die zum 31.12.2008 festgestellten Verluste zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer aus einem dauerdefizitären Betrieb der Eigengesellschaft her, muss § 8 Abs. 9 KStG auch dann gelten, wenn im Jahr 2009 kein dauerdefizitäres Geschäft mehr ausgeübt wird, weil anderenfalls ein unzulässiger Verlustausgleich ermöglicht würde.
4. § 8 Abs. 9 KStG ist verfassungskonform, auch wenn die Regelung im Streitfall dazu führt, dass die in der Vergangenheit erworbenen und bestandskräftig festgestellten Verlustvorträge weitgehend entwertet werden.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 7, 9, § 34 Abs. 6; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Spartenrechnung gem. § 8 Abs. 9 KStG in Verbindung mit § 34 Abs. 6 KStG 2009 in den Jahren 2009 bis 2012 bei „Altverlusten”.
Bis zum 11. Juli 2005 war der Landkreis B. alleiniger Gesellschafter der im Jahr 1991 gegründeten Klägerin. Seit dem 12. Juli 2005 werden die Anteile an der Klägerin durch die C. GmbH gehalten, deren alleinige Gesellschafterin wiederum der Landkreis B. ist.
Bis zum 31. Dezember 2006 war die Klägerin Pächterin und Betreiberin des Museums „D.” in E.. Verpächter war wiederum der Landkreis B.. Das Museum D. war mit öffentlichen Mitteln des Europäischen Fonds zur Strukturförderung und mit Mitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” finanziert worden.
Die Klägerin erzielte aus dem Betrieb des Museums D., der als dauerhaft defizitär einzustufen war, bis einschließlich 2006 erhebliche Verluste, die durch Zuwendungen des Landkreises B. ausgeglichen wurden. Bis einschließlich 2004 wurden diese Zuwendungen als verdeckte Einlagen erfasst, ohne dass in den bestandskräftigen Bescheiden dieser Jahre in der Höhe der steuerlichen Verluste verdeckte Gewinnausschüttungen berücksichtigt wurden. Aus dieser Zeit der dauerdefizitären Tätigkeit der Klägerin resultieren körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge der Klägerin zum 31. Dezember 2006 in Höhe von 6.206.482,– EUR.
Seit dem 1. Januar 2007 wird das Museum D. durch eine Schwestergesellschaft der Klägerin betrieben, die F. GmbH, an der die C. GmbH zu 95 % beteiligt ist. Die Klägerin ist aber weiterhin Pächterin des Museum D. und Eigentümerin diverser Mietereinbauten. Zwischen der Klägerin und der F. GmbH besteht ein (Unter-)Pachtvertrag. Die jährliche Pacht entspricht den Kosten der Klägerin zuzüglich eines Gewinnzuschlags von 5 %.
Der Beklagte führte im Jahr 2010 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 durch. Im Ergebnis der Prüfung sah der Beklagte gem. § 8 Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz –KStG– (in Verbindung mit § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG 2009) für die Prüfungsjahre 2005 und 2006 vom Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen ab. Für das Prüfungsjahr 2007, in dem die Klägerin aus der Verpachtung des Museums D. einen Verlust in Höhe von 33.211,95 EUR und aus einer neu aufgenommenen Bautätigkeit einen Gewinn in Höhe von 92.579,– EUR erzielt hatte, nahm der Beklagte hingegen eine verdeckte Gewinnausschüttung an die C. GmbH in Höhe von 32.084,– EUR an. Außerdem versagte der Beklagte die Verrechnung der zum 31. Dezember 2006 festgestellten Verluste zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer mit den Gewinnen der Prüfungsjahre 2007 und 2008. Dies ist Gegenstand des mit Urteil vom heutigen Tage entschiedenen Klageverfahrens für die Streitjahre 2007 und 2008 (Az. 6 K 6186/15).
Infolge der Außenprüfung erließ der Beklagte auf Antrag der Klägerin am 20. März 2014 geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 und führte aus, im Rahmen der Spartenrechnung ab 2009 seien sämtliche Tätigkeiten der Klägerin den Tätigkeiten gem. § 8 Abs. 9 Nr. 3 KStG zuzuordnen. Es sei keine Spartentrennung und auch keine Aufteilung des Verlustvortrags vorzunehmen, da keine dauerdefizitäre Tätigkeit vorliege. Der zum 31. Dezember 2008 festgestellte Verlustvortrag könne uneingeschränkt mit den Gewinnen verrechnet werden.
Um Rechtssicherheit zu erlangen, beantragte die Klägerin am 29. August 2014 eine verbindliche Auskunft und erklärte, weitere Tätigkeitsfelder bearbeiten zu wollen, bei denen mit Gewinnen zu rechnen sei....