Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung eines abgetretenen Vorsteuervergütungsanspruchs vom Zessionar bei späterer Korrektur des Vorsteuerabzugs nach § 17 UStG 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Tritt ein Leistungsempfänger seinen Vorsteuervergütungsanspruch aus einer Umsatzsteuervoranmeldung an den Leistenden ab und wird der Vorsteuerabzug nach späterer Rückabwicklung des Kaufvertrages beim Leistungsempfängers gem. § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 UStG 1999 berichtigt, sind die Voraussetzungen für einen auf § 37 Abs. 2 Satz 2 AO gestützten Rückforderungsanspruch des FA gegenüber dem Abtretungsempfänger (Zessionar) nicht erfüllt. Eine spätere Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 UStG 1999 führt nicht zu einem späteren Wegfall des rechtlichen Grundes für die Auszahlung des Vorsteuerüberschusses gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO.
2. Der abgetretene Vorsteuerüberschuss eines Voranmeldungszeitraums kann vom Zessionar nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO nur zurückgefordert werden, wenn der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid aufgehoben oder geändert worden ist oder sich aus dem späteren Umsatzsteuerjahresbescheid ergibt, dass der abgetretene Vergütungsanspruch des Voranmeldungszeitraums nicht oder nur in geringer Höhe bestand.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2 S. 2; UStG 1999 § 17 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nrn. 1, 3; AO § 44 Abs. 2, § 218 Abs. 2, § 157 Abs. 2, § 124 Abs. 2; InsO §§ 174, 87, 89 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Der Rückforderungsbescheid vom 14. Oktober 2003 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2004 (Steuer-Nr. … – C. GmbH & Co. KG) wird aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheids, mit dem der Beklagte die Klägerin gemäß § 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung – AO – auf Rückzahlung des von der C… GmbH & Co. KG – im Folgenden C – an die Klägerin abgetretenen und an diese ausgezahlten Vorsteuerüberschusses in Höhe von DM 983.899,21 = EUR 503.059,68 in Anspruch nimmt.
Die Klägerin vertreibt im Wege des Mietkaufs Baukräne. Sie schloss am 30. September 1998 mit der C einen derartigen Mietkaufvertrag ab. Um die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Kaufpreises zu sichern, wurde der Vorsteuerüberschuss der C aus der Umsatzsteuervoranmeldung 09/1998 im Wert von DM 1.891.297,56 laut Abtretungsanzeige vom 30. September 1998 an die Klägerin abgetreten und an die Klägerin ausgezahlt bzw. mit Steuerschulden der Klägerin verrechnet. Der am 30. September 1998 abgeschlossene Mietvertrag wurde mit Kündigungsschreiben der Klägerin vom 21. Mai 1999 beendet. Die Endabrechnung der Klägerin vom 31. Juli 1999 wies eine rückgängig zu machende Vorsteuer i.H.v. DM 983.899,21 = EUR 503.059,68 aus. Am 13. September 1999 wurde über das Vermögen der C das Insolvenzverfahren eröffnet.
Weder vor Eröffnung noch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens der C erließ der Beklagte gegenüber der C einen (berichtigten) Umsatzsteuerbescheid 1999, in dem eine entsprechende Vorsteuerkorrektur festgesetzt wurde. Mit Schreiben vom 4. Juli 2000, beim Insolvenzverwalter am 7. Juli 2000 eingegangen, meldete der Beklagte u.a. Umsatzsteuer 09/1999 i.H.v. DM 1.171.297 (angemeldete Forderungen insgesamt DM 1.192.692,85 = EUR 609.814,17) gemäß § 174 Abs. 1 Insolvenzordnung – InsO – als nicht fällige Forderung zur Tabelle an. Die Forderung i.H.v. EUR 609.814,17 wurde im Prüfungstermin am 30. Juli 2003 festgestellt.
Der Beklagte forderte mit dem angegriffenen Rückforderungsbescheid sodann u.a. Umsatzsteuer 09/1999 in Höhe von EUR 503.058,68 von der Klägerin zurück. Er begründete dies damit, dass die C gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz 1999 – UStG 1999 im Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Vertrags verpflichtet gewesen sei, die Vorsteuer zu korrigieren. Durch die Änderung der materiellen Rechtslage sei der rechtliche Grund für die Zahlung des Vorsteuerüberschusses entfallen.
Die Klägerin legte gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründete, dass das Berichtigungsverfahren gegen die C gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 UStG 1999 nicht durchgeführt worden sei. Damit fehle es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 9. April 2002 VII R 108/00, BFH/NV 2002, 1205) bereits an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für den Rückforderungsbescheid. Die bloße Verpflichtung der C zur Vorsteuerkorrektur genüge nicht. Selbst wenn das Berichtigungsverfahren durchgeführt worden...