Entscheidungsstichwort (Thema)
Versteigerung einer Immobilie als wertbegründendes Ereignis. keine Auflösung der negativen Kapitalkonten der Kommanditisten eines Immobilienfonds auf den der Zwangsversteigerung der einzigen Fondsimmobilie vorangegangenen Bilanzstichtag
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zwangsversteigerung einer Immobilie stellt ein wertbegründendes Ereignis dar. Denn erst mit dem erfolgreichen Zuschlag hat sich der tatsächliche Wert des Grundstücks realisiert.
2. Die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten eines Immobilienfonds sind noch nicht mit der Folge der Zurechnung von Aufgabegewinnen aufzulösen, wenn sich erst aufgrund der Zwangsversteigerung der einzigen Fondsimmobilie nach dem Bilanzstichtag herausstellt, dass ein Ausgleich der negativen Kapitalkonten nicht mehr erfolgen wird.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 3, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 52 Abs. 33 S. 3
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 vom 25. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2010 wird aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger beteiligte sich neben einer Vielzahl anderer Anleger als Kommanditist mit einer Einlage von DM 100.000 an der B. GmbH & Co. KG.
Die B. GmbH & Co. KG war ein mit öffentlichen Mitteln geförderter Immobilienfonds, der seit dem 28. Juli 1986 tätig war und u. a. erhöhte Abschreibungen nach § 14a Berlinförderungsgesetz – BerlinFG – in Anspruch nahm. Zum Vermögen der B. GmbH & Co. KG gehörte im Wesentlichen ein Erbbaurecht für das Grundstück in der C.-straße in Berlin – im Folgenden: Erbbaurecht –, das mit einem Wohngebäude bebaut und das in dem am 2. Oktober 2006 beim Beklagten eingereichten Jahresabschluss zum 31.12.2005 mit EUR 4.905.769,04 aktiviert war. Das Kapital der B. GmbH & Co. KG war negativ in Höhe von EUR 3.762.751,90.
Am 30. November 2006 wurde über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter führte in seinem Bericht aus, dass die B. GmbH & Co. KG grundsätzlich entweder liquidiert oder saniert werden könne. Als Insolvenzverwalter schlage er vor, die B. GmbH & Co. KG im Wege eines Insolvenzplanverfahrens zu sanieren, um eine Verwertung der Immobilie zu vermeiden. Nach seinem Konzept solle die D. Bank die Immobilie auf der Basis der nachhaltig erzielbaren Mieten neu finanzieren und die Landesbürgschaft nur teilweise in Anspruch nehmen. Die Kommanditisten sollten hingegen zur Vermeidung von Steuernachteilen und zur Vermeidung der Rückzahlung erhaltener „Ausschüttungen” einen Sanierungsbeitrag in noch zu verhandelnder Höhe leisten.
Nachdem die B. GmbH & Co. KG für 2006 keine Steuererklärungen eingereicht hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid für 2006 vom 1. Juli 2008 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG und rechnete dem Kläger zunächst einen Aufgabegewinn zum 31. Dezember 2006 zu, weil ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht komme. Im hiergegen erhobenen Einspruchsverfahren half der Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2009 ab. Anlass war der Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Dezember 2008 im Verfahren 6 V 6208/08 (in der Sache E.). Danach sei ein Aufgabegewinn nicht bereits im Jahr 2006 zu berücksichtigen gewesen, da dem Beklagten bislang nicht der Nachweis gelungen sei, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Sanierungskonzept scheitern werde und keine weiteren Gewinne erzielt werden könnten.
Bereits am 29. Oktober 2007 wurde auf Antrag des Finanzamts F. die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts angeordnet. Dem Verfahren trat die erstrangig gesicherte Grundpfandrechtsgläubigerin, die D. Bank, bei. Am 23. Juli 2008 löste die D. Bank die Forderung des Finanzamtes F. ab und verfolgte die Zwangsversteigerung seitdem aus eigenem Recht. Auf Anfrage des Beklagten beim Insolvenzverwalter zu dessen Sanierungsbemühungen teilte dieser mit, dass die Erfolgsaussichten des angestrebten Insolvenzplanverfahrens davon abhingen, ob die B. GmbH & Co. KG in der Lage sei, den Gläubigern einen konkurrenzfähigen Sanierungspreis anzubieten. Die abschließende Entscheidung über die Realisierbarkeit werde Ende Januar 2009 fallen.
Gleichwohl betrieb die D. Bank weiterhin die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Beim ersten Zwangsversteigerungstermin am 29. Januar 2009 wurde das Erbbaurecht zu eine...