Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederholte Übernahme von Bürgschaften als gewerbliche Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die wiederholte Übernahme von Bürgschaften für Verbindlichkeiten geschlossener Immobilienfonds auf schuldrechtlicher Grundlage gegen Entgelt stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar.
Normenkette
EStG §§ 15, 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger durch die entgeltliche Übernahme von Bürgschaften die Merkmale eine Gewerbetreibenden erfüllt und dementsprechend zur Gewerbesteuer zu veranlagen ist.
Der Kläger ist an verschiedenen Gesellschaften der Unternehmensgruppe X u. Y beteiligt, die in den 90er Jahren schwerpunktmäßig Immobilienfonds mit Immobilien in P. und B. xxx initiiert hatten. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um geschlossene Immobilienfonds, jeweils in der Form einer GmbH & Co. OHG (sogen. Objektgesellschaft), welche ihrerseits Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
Initiatoren, Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Objektgesellschaften sowie der Komplementär-GmbHen waren in der Regel der Kläger und seine drei Partner, die Herren X, Y und Z. Zur Sicherung der Finanzierung dieser Fonds verbürgten sich ab 1992 der Kläger - und seine Partner - bei den finanzierenden Kreditinstituten; er vereinnahmte hierfür von den Objektgesellschaften in den Streitjahren 816.500,- DM (1994), 1.218.500,- DM (1995) bzw. 963.000,- DM (1996). Diese Beträge wurden zunächst für 1994 und 1995 als Sondereinnahmen des Klägers bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, in 1996 als sonstige Einnahmen im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz EStG erklärt.
Anläßlich verschiedener Betriebsprüfungen bei den Fondsgesellschaften gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass der Kläger die Bürgschaften nicht auf gesellschaftsrechtlicher, sondern gesonderter schuldrechtlicher Grundlage übernommen hatte. Dementsprechend wurden diese Vergütungen nicht (mehr) im Rahmen der Feststellung der Einkünfte der Gesellschaften erfaßt, sondern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 24. Juli 1998, geändert am 10. Dezember 1998 (für 1994), und 23. Juni 1999 (für 1995 und 1996) wurde der Kläger daraufhin erstmalig zur Gewerbesteuer herangezogen.
Mit den hiergegen rechtzeitig erhobenen Einsprüchen trägt der Kläger zur Begründung vor, er - und seine Partner - hätten nur Bürgschaften für Objektgesellschaften ihrer Firmengruppe übernommen. Zu keiner Zeit habe er für andere, fremde Objekte oder zugunsten anderer Gesellschaften oder Personen Bürgschaften übernommen oder die Übernahme angeboten. Ein Büro oder eine Organisation sei nicht unterhalten worden. Weder er noch seine Partner hätten somit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen mit der Folge, dass die Entgelte für die Bürgschaftsübernahmen - mangels Tatbestandsverwirklichung - keine gewerblichen Einkünfte, sondern - einkommensteuerrechtlich - sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 EStG darstellen würden. Weiterhin ist der Kläger der Auffassung, dass er - und auch seine Partner - zu keiner Zeit typische Bankgeschäfte, zu denen auch Bürgschaftsübernahmen gehören würden, getätigt hätten.
Mit zusammengefaßter Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der Kläger habe danach in den Streitjahren durch die entgeltlichen Bürgschaftsübernahmen sämtliche Merkmale eines Gewerbe- treibenden im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt; insbesondere sei er unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig geworden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, rechtzeitig erhobenen Klage. Zunächst wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Die Bürgschaftsübernahmen seien danach unselbständiger Bestandteil der zur Durchführung der Wohnungsbauprojekte erforderlichen Maßnahmen gewesen; ein eigenständiger Zweck sei damit nicht verfolgt worden. Die Bürgschaftstätigkeiten hätten sich darauf beschränkt, dass der Kläger und seine Partner persönlich mit sich selbst als mittelbare Vertreter ihrer eigenen Objektgesellschaften Bürgschaftsverpflichtungserklärungen abgeschlossen und den zwischenfinanzierenden Banken entsprechende Bürgschaftserklärungen erteilt haben; ein auf Angebot und Nachfrage beruhender "Bürgschaftsmarkt" sei damit - unabhängig von der Erwähnung in den Prospekten der Gesellschaften - weder beabsichtigt noch geschaffen worden.
Ferner hält der Kläger die angefochtenen Gewerbesteuerbescheide schon deshalb für rechtswidrig, weil der Beklagte im Wege der Schätzung den Gewinn aus der von ihm angenommenen gewerblichen Bürgschaftstätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt habe, obwohl der Kläger (mangels Kenntnis von einer gewerblichen Tätigkeit) von seinem ihm zustehenden Wahlre...