Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumnis der Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG steht Verlustfeststellung nicht entgegen
Leitsatz (redaktionell)
Die Versäumnis der Antragsfrist für eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG steht einer gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nicht entgegen.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 3, § 46 Abs. 2 Nr. 8
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin erzielte 1998 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Gewerbebetrieb. Der Arbeitslohn betrug 656,00 DM. Ein Lohnsteuerabzug davon wurde nicht vorgenommen. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen betrugen 1 512,00 DM. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelte die Klägerin mit ./. 117 299,00 DM.
Ihre Einkommensteuererklärung 1998 reichte die Klägerin am 12. Juni 2002 beim Beklagten ein.
Der Beklagte lehnte es mit Verfügung vom 19. Juni 2002 ab, eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen, da es sich um eine Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz EStG handele und die Klägerin die Antragsfrist versäumt habe. Den dagegen eingelegten Einspruch nahm die Klägerin später wieder zurück.
Am 9. Juli 2002 beantragte sie, den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 1998 gesondert festzustellen. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. Juli 2002 ab. Den dagegen am 2. August 2002 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. August 2003 zurück. Zur Begründung verwies er auf § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG. Daraus folge, dass eine Verlustfeststellung nur dann in Betracht komme, wenn es im gleichen Zeitpunkt verfahrensrechtlich noch zulässig sei, einen Steuerbescheid für den Verlustentstehungszeitraum zu erlassen oder zu ändern. Dem stehe im Streitfall § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG entgegen.
Daraufhin hat die Klägerin am 17. September 2003 Klage erhoben, mit der sie geltend macht, § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG sei im Streitfall nicht anwendbar. Die Vorschrift setze voraus, dass bereits ein Einkommensteuerbescheid ergangen sei. Daran fehle es im Streitfall. Außerdem setze § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG voraus, dass sich die für den Verlust maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen geändert hätten. Ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr werde für eine Verlustfeststellung nicht vorausgesetzt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 23. Juli 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2003 zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 1998 festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er hält die Klage aus den Gründen der Einspruchsentscheidung für unbegründet und führt ergänzend aus, der von der Klägerin bezogene Arbeitslohn habe dem Lohnsteuerabzug unterlegen, obwohl dieser aufgrund der geringen Höhe des Arbeitslohns unterblieben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben je ein Band Einkommensteuer-, Umsatzsteuer und Hinweisakten vorgelegen, die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer xxxxxxxxxxxx geführt werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin wird dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Beklagte den Erlass eines Bescheides über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1998 abgelehnt hat (§ 101 Finanzgerichtsordnung FGO). Da die Höhe des Verlustes nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens war, ist die Sache insoweit nicht spruchreif, sodass sich das Gericht entsprechend dem Antrag der Klägerin auf ein Bescheidungsurteil gemäß § 101 Satz 2 FGO beschränkt.
Der Beklagte war verpflichtet, sachlich über den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Bescheides über den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 1998 zu entscheiden und einen etwaigen Verlust gesondert festzustellen.
Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 10 d Abs. 3 Satz 1 EStG in der im Streitjahr anwendbaren Fassung.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Verlustfeststellung im Streitjahr § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG nicht entgegen. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass der Erlass eines Einkommensteuerbescheides für das Verlustentstehungsjahr zulässig sein muss, um auf den Ablauf des gleichen Jahres einen Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges erlassen zu können. § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG bezieht sich nach seinem Wortlaut auf Fallgestaltungen, in denen sich die nach § 10 d Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Beträge ändern. Zwar regelt er auch Fallgestaltungen, in denen es neben der Aufhebung oder Änderung zu einem erstmaligen Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides kommt, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich ein Anlass ergibt, von einem ursprünglichen Veranlagungsergebnis abzuweichen. Dies sind...