Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beweisgebühr für den Bevollmächtigten bei nur informatorischer Anhörung des Klägers ohne förmlichen Beweisbeschluss
Leitsatz (amtlich)
Eine Gebühr für die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO entsteht auch dann, wenn das Gericht zwar keinen förmlichen Beweisbeschluss erlassen, tatsächlich jedoch eine Beweisaufnahme durchgeführt hat. Die Anhörung eines Beteiligten, die die schriftliche Sachverhaltsdarstellung ergänzen soll, ist keine Beweisaufnahme.
Leitsatz (redaktionell)
Hat das FG zwar keinen förmlichen Beweisbeschluss erlassen, tatsächlich aber eine Beweisaufnahme durchgeführt, liegt ein Beweisaufnahmeverfahren i.S. von § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO vor. Kein Beweisaufnahmeverfahren in diesem Sinne liegt aber vor, wenn der Kläger während der mündlichen Verhandlung vom Gericht lediglich in dem Bestreben "informatorisch" angehört wird, eine umfassende Sachverhaltsdarstellung hinsichtlich der entscheidungserheblichen, vor allem im persönlichen Bereich des Klägers liegenden Tatsachen zu erhalten, und dadurch der Sachvortrag des Bevollmächtigten ergänzt und abgerundet wird.
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3; FGO § 81 Abs. 1 S. 2, § 82; ZPO § 450
Tenor
Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 6. August 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe
I.
Im Klageverfahren 498133K 1 war der Klage zum Teil stattgegeben worden, wobei die Kosten des Verfahrens dem Kläger zu 43 % und dem Beklagten zu 57 % auferlegt worden waren. Nach dem Tatbestand des Urteils stritten die Beteiligten darüber, ob der Beklagte verpflichtet war, gegenüber dem Kläger, einem türkischen Staatsangehörigen, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog und mit der Familie in einer Wohnung im Inland lebte, Kindergeld auch für den Sohn festzusetzen, der seit Juli 1995 eine Internatsschule in der Türkei mit der Absicht besucht hatte, nach Abschluß des 10. Schuljahres in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren, um hier die Schule bis zum Abitur zu besuchen. In der mündlichen Verhandlung, die dem Urteil vorausgegangen war, war der Kläger persönlich angehört worden; seine Erklärungen sind in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden.
Die vom Kläger in seinem Kostenfestsetzungsantrag u. a. geltend gemachte Beweisgebühr für das Klageverfahren wegen „Parteivernehmung” lehnte die Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 6. August 1999 mit der Begründung ab, daß seine Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht als Beweisaufnahme nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO anzusehen sei.
Gegen die Nichtberücksichtigung der Beweisgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluß, der dem Kläger am 6. September 1999 zugestellt wurde, hat er am 10. September 1999 Erinnerung eingelegt. Er begründet die Erinnerung wie folgt: Die Beweisgebühr sei entstanden, weil er in der mündlichen Verhandlung auf Anordnung des Gerichts angehört worden sei; die von ihm erfragten Tatsachen hätten auch in der Urteilsbegründung eine Rolle gespielt. Deshalb habe eine Beweisaufnahme in Form einer Parteivernehmung stattgefunden. Der Umstand, daß das Gericht sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet habe, spreche nicht gegen eine Beweiserhebung. Auch bei Vernehmung eines sistierten Zeugen falle eine Beweisgebühr an. Bei Anhörung des Klägers sei die Beweisgebühr immer dann angefallen, wenn die Urteilsbegründung deutlich mache, daß die Entscheidung ohne die Beweiserhebung nicht mit diesen Gründen hätte getroffen werden können; so liege es hier.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 6. August 1999 dahin abzuändern, daß zu seinen Gunsten auch die beantragte Beweisgebühr zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Höhe von 57 % gegen den Beklagten festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Das Erscheinen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung habe das Gericht lediglich dazu genutzt, Informationen „aus erster Hand” zu erlangen; es wäre mithin entbehrlich gewesen. Das Terminsprotokoll habe als öffentliche Urkunde die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich, so daß der Kläger den vollen Gegenbeweis erbringen müsse, daß eine Beweisaufnahme durch Parteivernehmung beschlossen worden, die Aufnahme dieses Beschlusses in das Terminsprotokoll jedoch versehentlich unterblieben sei. Es wäre Sache des Klägervertreters gewesen, durch entsprechende Erklärungen auf eine Änderung der Auffassung des Gerichts bzw. die Herbeiführung eines Beweisbeschlusses im Termin hinzuwirken. Da dies jedoch unterblieben sei, könne der Kläger nicht im Nachhinein damit argumentieren, ein Beweisbeschluß hätte ergehen bzw. eine Beweisaufnahme hätte stattfinden müssen.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.
II.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet, denn eine Beweisgebühr ist nicht entstanden.
Nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO erhält der zum...