rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung der Zollschuld bei Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Ware, die sich im Status der vorübergehenden Verwahrung befindet, wird der zollamtlichen Überwachung entzogen, sobald sie vom Verwahrungsort entfernt wird, ohne dass die zuständige Zollbehörde dem zugestimmt oder die Ware durch Anmeldung zu einem bestimmten Zollverfahren eine zollrechtliche Bestimmung erhalten hat, mit der Folge, dass die Zollschuld nach Art. 203 ZK entstanden ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zollschuld für Nichtgemeinschaftswaren, die vom zugelassenen Verwahrungsort ohne Zustimmung der Zollstelle entfernt und bei einer anderen Zollstelle wieder vorgeführt werden, entsteht nach Art. 203 ZK. Die Subsumtion eines nicht bewilligten Ortswechsels unter Art. 203 oder Art. 204 ZK hängt davon ab, ob es sich dabei "nur" um die Verletzung einer Pflicht handelt, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung der Ware ergibt.

2. Revision eingelegt (Az. des BFH: VII R 50/01).

3. Verfahren ausgesetzt, bis der EuGH über die ihm mit BFH-Beschlüssen vom 29.10.2002 VII R 53/01 und VII R 52/01 vorgelegten Fragen entschieden hat.

 

Normenkette

ZK Art. 203 Abs. 3; EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 3; ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. b; EWGV 2913/92 Art. 204 Abs. 1 Buchst. b; ZK Art. 236; EWGV 2913/92 Art. 236; ZK Art. 239; EWGV 2913/92 Art. 239; ZKDV Art. 859 Nr. 5; EWGV 2454/93 Art. 859 Nr. 5

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides vom 09.11.1995 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 04.12.1995 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger als Insolvenzverwalter der F. GmbH Abgaben in Höhe von DM xxx nebst 6 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu erstatten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die GmbH, für die der Kläger als Insolvenzverwalter dieses Verfahren aufgenommen hat, betrieb im Streitzeitraum eine Spedition. Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Erstattung von Eingangsabgaben, die der Beklagte gegen die GmbH als Zollschuldnerin festgesetzt hat, weil der für den Weitertransport eingesetzte Fahrer Waren, die bei der GmbH angeliefert, von ihr gestellt und summarisch angemeldet und ihr damit zur vorübergehenden Verwahrung überlassen worden waren, anweisungswidrig nicht bei der Zoll-Abfertigungsstelle zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet hat.

Die GmbH war zugelassener Empfänger. Ihr wurde am 09.03.1995 vom Zollamt Sammelgut bestehend aus Gemeinschafts- und Nichtgemeinschaftswaren im Container zur vorübergehenden Verwahrung überlassen.

Dem Fahrer der von ihr beauftragten Fa. P. GmbH übergab sie am 10.03.1995 den Container und die vorbereitete Versandanmeldung T.-1. Dieser bestätigte den Empfang der Papiere auf der Ladeliste.

Der Fahrer ist - ohne die Abfertigungsstelle anzufahren - nach B. gefahren. Nach eigenen Angaben veranlaßte er - als ihm bewußt wurde, daß die Zollförmlichkeiten noch nicht erledigt waren - beim Zollamt B. eine summarische Zollanmeldung.

Mit Steuerbescheid vom 15.05.95 nahm der Beklagte die GmbH auf Zahlung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt DM ... gem. Artikel 204 VO Nr. 2913/92 (ZK) in Verbindung mit Artikel 49 ZK in Anspruch. Dieser Bescheid ist bestandskräftig. Mit Schreiben vom 08.08.1995 beantragte die GmbH Erstattung der geleisteten Einfuhrabgaben gem. Artikel 236 ZK in Verbindung mit Artikel 878 ff ZK-DVO. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09.11.1995 ab, weil der Steuerbescheid rechtmäßig auf der Grundlage des Artikels 204 ZK ergangen und Artikels 859 Nr. 5 ZK DVO nicht erfüllt sei. Der unbewilligte Ortswechsel hätte nämlich auch bei einem entsprechenden Antrag nicht bewilligt werden können.

Den Einspruch der GmbH wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.12.1995 zurück. Dagegen hat die GmbH am 05.01.1996 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, die Zollschuld sei nicht nach Artikel 204 ZK entstanden. Die Nichtanmeldung der Waren zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren habe sich nicht wirklich ausgewirkt, denn trotz des Ortswechsels habe die Ware den Zollbehörden auf Verlangen vorgeführt werden können. Außerdem sei die Zollschuld letztendlich beglichen worden und dem Fiskus demzufolge kein Nachteil entstanden.

Nach Unterbrechung des Klageverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Kläger, vertreten durch die bisherigen Prozeßbevollmächtigten, den Rechtsstreit aufgenommen.

In der Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, der Beklagte habe die Steuerbescheide auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt. Allerdings könne die GmbH nicht mehr nach Artikel 203 VO Nr. 2913/92 (ZK) herangezogen werden, da die erf...

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