Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nutzung eines Gebäudes „zu Wohnzwecken” bei Unterbringung von chronisch psychisch Kranken durch die Arbeiterwohlfahrt. Investitionszulage
Leitsatz (redaktionell)
Ein Gebäude, in dem chronisch psychisch Kranken durch die Arbeiterwohlfahrt keine abgeschlossenen Wohnungen, sondern nur Einzelzimmer mit einem Nutzungsrecht an gemeinschaftlichen Einrichtungen (Bad, Küche, WC) zur Verfügung gestellt werden, damit diese sich auf ein Leben in einer eigenen Wohnung vorbereiten können, dient nicht „Wohnzwecken” im Sinne von § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 und ist daher nicht investitionszulagebegünstigt.
Das gilt jedenfalls dann, wenn die kranken Menschen nicht die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft über ihre Wohnungen ausüben können, z.B. weil sie auf die Auswahl der Mitbewohner keinen Einfluss nehmen können und das Betreuungspersonal jederzeit ein Zutrittsrecht zu den Räumen hat.
Normenkette
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 16.9.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 werden dahingehend geändert, dass die Investitionszulage für 2001 unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von 112.237 DM festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 25% und der Klägerin zu 75 % auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin eines in L…, M…-Str. 14 belegenen Wohnhauses. Herr Peter A… vermietete das aus 2 Einraum-Wohneinheiten, 10 Zimmern, 2 Küchen, Bad mit WC, Bad mit Dusche, 2 Club- und Mehrzweckräume sowie einem Leiterbüro bestehende Wohnhaus im Jahre 2002 an die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband N… (AWO). Für nachträgliche Herstellungsarbeiten an dem Gebäude im Jahre 2001 in Höhe von 457.550,– DM beantragte die Klägerin die Gewährung einer Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999.
Im Rahmen einer Investitionszulagensonderprüfung wurde festgestellt, dass die AWO in den angemieteten Räumen chronisch psychisch Kranke betreut. Die Zuweisung der Plätze erfolge in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt. Die Bewohner sollten auf ein Leben in einer eigenen Wohnung vorbereitet werden, die Unterbringung stelle eine Zwischenlösung zwischen Heimunterbringung und eigener Wohnung dar. Die Gemeinschaftsunterkunft diene nicht der entgeltlichen Nutzung zu Wohnzwecken. Zudem würden die Bewohner zwangsweise dort untergebracht, was ebenfalls gegen die Nutzung zu Wohnzwecken spreche. Die Wohnungen stünden nicht dem Wohnungsmarkt zur Verfügung.
Der Beklagte erließ am 16.09.2002 einen Investitionszulagenbescheid und setzte die Investitionszulage auf 0,– DM fest.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, es handle sich nicht um eine Gemeinschaftsunterkunft, es würden lediglich Küche, Bad und die Gemeinschaftsräume gemeinschaftlich genutzt. Der Mietvertrag sei auf Dauer angelegt, die Bewohner seien zur eigenständigen Haushaltsführung in der Lage. Die Mietverträge würden die Bewohner freiwillig und auf unbestimmte Zeit abschließen. Die Bewohner hätten keine andere Wohnung, die angemietete bilde den Lebensmittelpunkt. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, sie hätten die Immobilie der AWO zur Wohnnutzung überlassen. Auf die tatsächliche Nutzung hätten sie, die Kläger, keinen Einfluss. Sie, die Klägerin erbringe dementsprechend keinerlei Nebenleistung, insbesondere stelle sie den Bewohnern keine therapeutischen Hilfsangebote zur Verfügung. Selbst wenn man auf die Nutzung des Gebäudes durch die AWO abstellen wollte, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Die Bewohner übten die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft über die Wohnung aus, die Räume würden sich zudem zur eigenständigen Haushaltsführung eignen. Die Bewohner seien zwar psychisch krank, der Krankheitszustand sei aber nicht akut. Vielmehr hätten die Bewohner eine lange stationäre Behandlung hinter sich gebracht und bedürften keiner stationären Betreuung mehr. Ihnen werde durch Gewährleistung einer weitestgehend eigenständige Lebensführung die Wiedereingliederung in die Sozialgemeinschaft ermöglicht.
Die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eingeholte schriftliche Auskunft der AWO sei nicht aussagekräftig, da sie lediglich das Programm der AWO ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse wiedergebe. Die Vernehmung der Zeugin C… sei zur Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse unabdingbar. Aus dem Inhalt des vorgelegten Heimvertrags ergebe sich nicht, dass das Heimgesetz Anwendung finde.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 16.09.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 26.6.2003 die Investitionszulage auf 68.632,50 DM festzusetzen, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, die Bewohner übten weder die tatsächliche noch die rechtliche Sachhe...