Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der für Existenzgründer geltenden Fünfjahresfrist zur Auflösung einer Ansparrücklage bei vor 1997 gebildeten Rücklagen. Betriebsaufgabe. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine bereits 1996, und damit vor Geltung von § 7g Abs. 7 EStG gebildete Ansparrücklage ist spätestens 1998 aufzulösen (keine Anwendung der erst für nach 1996 beginnende Wirtschaftsjahre anwendbaren Sonderregelung für Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 EStG).
2. Keine Betriebsaufgabe eines Reisegewerbes, wenn zwar krankheitsbedingt das betriebliche Kfz vorübergehend stillgelegt worden ist, eine Aufgabe im Streitjahr aber weder ausdrücklich erklärt worden ist, noch eine buchhalterische Entnahme des Kfz bzw. des vorhandenen Betriebsvermögens ersichtlich ist und erst nach dem Streitjahr mit der Veräußerung bzw. Entnahme des Betriebsvermögens begonnen und auch die Reisegewerbekarte erst im Folgejahr zurückgegeben worden ist.
3. Es bleibt offen, ob eine Ansparrücklage in die Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns einbezogen werden kann.
Normenkette
EStG 1996 § 7g Abs. 3 S. 1, Abs. 6, 4 S. 2; EStG 1997 § 7g Abs. 7 S. 1 Nr. 3; EStG 1998 § 7g Abs. 4 S. 2, § 16 Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 01.12.2002 verstorbene, vormalige Kläger, Herr Josef A…, betrieb seit dem 01.09.1993 ein Reisegewerbe, für das ihm die Stadt L… auf seinen Antrag hin eine unbefristete Reisegewerbekarte ausgestellt hatte. Er verkaufte Schuhe und Textilien. Den Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelte er gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG- durch Ansatz des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben.
Im Jahre 1996 bildete der vormalige Kläger eine Rücklage gemäß § 7g Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 Sätze 1 und 2 Einkommensteuergesetz in der für 1996 geltenden Fassung -EStG 1996- in Höhe von 20.000,00 DM (Ansparabschreibung).
Im Jahre 1998 bestand das Betriebsvermögen aus einem Transporter „Fiat ducato” und Musterteilen. Am 18.06.1998 kaufte der vormalige Kläger letztmalig Ware ein. Diese Ware veräußerte er bis zum 29.06.1998. Nach dem 18.06.1998 erfolgte kein Einkauf und nach dem 29.06.1998 kein Verkauf mehr. Am 08.07.1998 erkrankte der vormalige Kläger schwer und konnte seine gewerbliche Tätigkeit nicht mehr ausüben. Er wurde in der Folgezeit nicht mehr gewerblich tätig. Der zum Betriebsvermögen gehörende PKW wurde am 14.07.1998 bei der Zulassungsstelle vorübergehend stillgelegt. Auf die in der Gerichtsakte in Kopie vorhandene Bescheinigung (Blatt 25) wird verwiesen. Seine (damalige) Ehefrau und jetzige Klägerin (zu 1.) Angelika A… brachte den im Juli 1998 vorhandenen Warenbestand von einigen Bäckersachen, Fleischerhosen und Bäckerjacken auf Geheiß des vormaligen Klägers in den Keller des Wohnhauses. Im August 1998 unterzog sich der vormalige Kläger einer Operation. Am 20.11.1998 wurde für ihn ein Behindertenausweis ausgestellt, in dem ein Behinderungsgrad von 80 vom Hundert bescheinigt wurde.
Zu der im Jahre 1996 beabsichtigten Investition, für die der frühere Kläger die Rücklage gebildet hatte, kam es im Jahre 1998 und auch in der Folgezeit nicht mehr.
Im Mai 1999 wurde der Transporter verkauft, ohne zuvor noch einmal zugelassen worden zu sein.
Nachdem der Beklagte im Dezember 1999 den vormaligen Kläger zur Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 1999 aufgefordert hatte, teilte dieser mit, dass er aufgrund seiner Erkrankung seit Juli 1998 keine Einnahmen mehr habe und nach Aussage des Steuerberaters keine Umsatzsteuermeldungen vornehmen müsse. Dieser habe den Beklagten auch davon in Kenntnis gesetzt. Das Gewerbe sei abgemeldet worden. Der ehemalige Kläger reichte eine Bescheinigung der Stadt L… vom 08.10.1999 ein, aus der hervorgeht, dass er der Stadt L… am 26.08.1999 mitgeteilt hatte, nicht mehr gewerblich tätig sein zu können, und dass er die Reisegewerbekarte am 08.10.1999 zurückgegeben hatte.
In seiner Anfang 2000 eingereichten Einkommensteuerklärung 1998 erklärte der vormalige Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für den Zeitraum 01.01.1998 bis zum 31.12.1998 in Höhe von 5.098,00 DM. Des weiteren erklärte er einen Aufgabegewinn in Höhe von 23.626,16 DM. Die Auflösung der Rücklage nach § 7g Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz in der für 1998 geltenden Fassung -EStG 1998- sah er als Teil des Veräußerungsgewinnes gemäß § 16 Abs. 3 EStG an, der aber gemäß § 16 Abs. 4 EStG wegen des zu gewährenden Freibetrags nicht zur Einkommensteuer heranzuziehen sei. Darüber hinaus berücksichtigte er eine Entnahme des Transporters mit 4.000,00 DM (ohne Umsatzsteuer), die den Aufgabegewinn ebenfalls erhöhte. Im Anlagespiegel 1998, der der Einkommensteuererklärung 1998 beigefügt war, ist der...