Entscheidungsstichwort (Thema)
Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde über die Höhe der ausländischen Einkünfte als Voraussetzung für eine erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht. Einkommensteuer 1997 und 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde nach § 1 Abs. 3 S. 4 EStG über die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte handelt es sich grundsätzlich um eine materielle Voraussetzung für die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht i.S. von § 1 Abs. 3 EStG.
2. Erforderlich ist die Vorlage dieser Bescheinigung aber nur dann, wenn feststeht, dass der beschränkt steuerpflichtige Kläger, der einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hat, Einkünfte erzielt hat, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen (hier: keine Vorlagepflicht bei Erzielung nur beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte).
3. Es bleibt offen, ob die Finanzbehörde die Vorlage einer „Nullbescheinigung” des Wohnsitzstaates bzw. ggf. von Drittstaaten in den Fällen verlangen kann, in denen der beschränkt Steuerpflichtige zwar behauptet, keine Einkünfte, die nicht der deutschen Besteuerung unterliegen, erzielt zu haben, tatsächlich aber Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung bestehen.
Normenkette
EStG 1997 § 1 Abs. 3 Sätze 2, 4
Tenor
Die Bescheide über Einkommensteuer für 1997 vom 22. September 1999 und für 1998 vom 08. März 2001 sowie die Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2001 werden dahingehend geändert, dass die Steuerfestsetzungen für 1997 und 1998 auf der Grundlage einer unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers gemäß § 1 Abs. 3 EStG erfolgen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger lebte in den Streitjahren 1997 und 1998 zusammen mit seiner Ehefrau in Portugal und erzielte aus einer Beteiligung an einer Erbengemeinschaft in Deutschland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nach eigenen Angaben erzielte der Kläger weder in Deutschland noch Portugal weitere Einkünfte. Nachdem der Beklagte ihn zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen aufgefordert hatte, reichte der Kläger für 1997 und 1998 Einkommensteuererklärungen ein, in denen er Beteiligungseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von DM 15.426,– für 1997 und DM 17.300,– für 1998 erklärte.
Mit Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 22. September 1999 setzte der Beklagte die Einkommensteuer in Höhe von DM 3.856,– fest und legte hierbei die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu Grunde, die er der beschränkten Steuerpflicht und damit einem Steuersatz von 25 % unterwarf (DM 15.426,– × 25 %). In gleicher Weise erging für 1998 ein Einkommensteuerbescheid am 08. März 2001, in dem der Beklagte die Einkommensteuer auf DM 4.325,– (DM 17.300,– × 25 %) festsetzte.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte geltend, dass er wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger besteuert werden müsse, da er weniger als DM 24.000,– Einkünfte in Deutschland erzielt habe. Eine Bescheinigung einer portugiesischen Finanzbehörde erübrige sich, da er keine portugiesischen Einkünfte erzielt habe. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens teilte der Kläger mit, dass sich das Finanzamt in Portugal weigere, ihm eine Bescheinigung nach dem Vordruck EU/EWR zu erstellen, da er keine Einkünfte in Portugal erzielt habe. Er könne lediglich eine Nichterwerbsbescheinigung vorlegen. Die vom Kläger im Einspruchsverfahrens vorgelegte portugiesische Bescheinigung lautet in der deutschen Sprache nach der Übersetzung eines beeidigten Dolmetschers:
„Ministerium für Finanzen
Generaldirektion Steuern
Finanzamt des Kreises L…
Hiermit bescheinige ich,
Dina Maria A…, Steuerbeamtin und Mitarbeiterin der Generaldirektion Steuern im Finanzamt des Kreises L…,
in Erfüllung der Dienstanweisung bezüglich des hier gestellten Antrages sowie auf Grundlage des bei der Bezirksfinanzverwaltung Faro eingerichteten Informationssystems nach Prüfung der im hiesigen Finanzamt vorliegenden Unterlagen, daß zu dem Namen Werner B…, Steuernummer (NIF) 2. …, wohnhaft in L…, keine periodische Einkommensteuererklärung (IRS, Einkommensteuer für Natürliche Personen) über die Jahre 1997 bis 1998 vorliegt.
Zur Bestätigung der Richtigkeit habe ich diese Bescheinigung ausgestellt, welche von mir unterschrieben, mit Datum versehen und mit dem im hiesigen Amt verwendeten Prägesiegel gültig gemacht wird.
Finanzamt des Kreises L…, den achtzehnten November neunzehnhundertneunundneunzig,
Der/Die Steuerbeamt(e)/in Prägesiegel/Unterschrift Dina Maria A…”. |
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2001 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide als unbegründet zurück. Er führte aus, dass der Kläger mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliege. Eine Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger komme nur in Betracht, wenn er mindestens 90 % seiner Einkünfte in Deutschland erziele. Zwar sei der Vortrag des Klägers glaubhaf...