Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteueraufteilung bei Sanierung eines Mehrfamilienhauses nach Umsatzschlüssel
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn die Sanierung eines anschließend teils steuerpflichtig, teils steuerfrei verwendeten Mehrfamilienhauses nach Baufortschritten durchgeführt und unter Aufmaß für das komplette Gebäude abgerechnet worden ist, darf die Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der anschließend mit den einzelnen Gebäudeteilen erzielten Umsätze „Umsatzschlüssel”) vorgenommen werden (Anschluss an BFH-Rechtsprechung, gegen Auffassung der Finanzverwaltung).
Normenkette
UStG 1996 § 15 Abs. 4 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung der Bescheide vom 05.02.1999 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2003 werden die Umsatzsteuer 1996 auf ./. 47.958,59 DM / ./. 24.520,84 EUR und die Umsatzsteuer 1997 auf ./. 78.427,77 DM / 40.099,48 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin sanierte in den Streitjahren ein in L… belegenes Mehrfamilienhaus. Mit dem Bauunternehmen hatte die Klägerin eine Festpreisvereinbarung getroffen, so dass die Abrechnungen nicht entsprechend der einzelnen Gewerke erfolgte, sondern nach Baufortschritt. Nach der Fertigstellung vermietete die Klägerin das Keller- und das Erdgeschoss mit einer Fläche von insgesamt 186,71 m² an gewerblich tätige Unternehmer umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Die im Obergeschoss und im Dachgeschoss befindlichen vier Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 250,61 m² vermietete sie nicht unternehmerisch zu Wohnzwecken. Bezogen auf die erzielte Gesamtmiete betrugen der Anteil der umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Umsätze aus der Vermietung der Gewerbeflächen 59,07 % und der Anteil der umsatzsteuerfreien Umsätze aus der Vermietung der Wohnungen 40,93 %.
In den Umsatzsteuererklärungen 1996 und 1997 machte die Klägerin Vorsteuern in Höhe von 47.957,97 DM (1996) und in Höhe von 80.457,53 DM (1997) geltend. Diese Beträge beruhten auf einer Aufteilung der insgesamt angefallenen Vorsteuern entsprechend dem Verhältnis der umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Mietumsätze (59,07 %) zu den umsatzsteuerfreien Mietumsätzen (40,93 %).
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass eine Aufteilung der Vorsteuer nur nach dem Verhältnis der umsatzsteuerpflichtig und umsatzsteuerfrei vermieteten Grundflächen möglich sei. Dem entsprechend könnten nur 42,69 % der Vorsteuern berücksichtigt werden.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüferin und setzte die Umsatzsteuer 1996 und 1997 durch zwei Bescheide vom 05.02.1999 neu fest. Darin berücksichtigte er für das Jahr 1996 Vorsteuern in Höhe von 35.432,38 DM und für das Jahr 1997 in Höhe von 59.440,76 DM. Der dagegen eingelegten Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit der Klage beruft sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.08.2001 (V R 1/01) und trägt vor, sie habe bereits in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen die Vorsteuer nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt. Für sie, die Klägerin, habe bei der Immobilie der Ertragswertgesichtspunkt im Vordergrund gestanden. Dies zeige sich auch daran, dass sie, die Klägerin, vor der Sanierungsmaßnahme eine entsprechende Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation durchgeführt habe. Bereits im Jahr 1995 hätten Gespräche mit möglichen Mietern stattgefunden. Als Ergebnis dieser Gespräche habe festgestellt werden können, dass die Immobilie bereits nach der Fertigstellung in vollem Umfang vermietet werden würde. Dabei habe sie, die Klägerin, insbesondere Wert auf eine langfristige Vermietung der Gewerberäume gelegt. Dies sei insofern gelungen, als sie dann mit Herrn A… und Frau B… einen zunächst auf zehn Jahre befristeten Mietvertrag abgeschlossen habe. Dadurch seien auch die von dem Beklagten angeführten Praktikabilitätsschwierigkeiten, die sich im Falle einer Korrektur nach § 15 a UStG ergeben würden, ausgeräumt. Unverständlich sei dabei, warum der Beklagte anführe, dass die Ertragsaussichten der von Herrn A… und Frau B… geführten Weinhandlung spekulative Elemente enthielten. Der Mietvertrag sei abgeschlossen und zu erfüllen.
Eine unmittelbare Zuordnung der Vorsteuer sei nicht möglich. Sie, die Klägerin, habe nicht die einzelnen Baugewerke beauftragt. Es sei vielmehr nach Baufortschritt und Aufmaß für das komplette Gebäude abgerechnet worden. Dies dürfte ihr nun nicht zum Nachteil gereichen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der Bescheide vom 05.02.1999 ...