Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung gegen aufschiebend bedingte Forderung im Gesamtvollstreckungsverfahren. Leistungsklage auf Auszahlung neben Anfechtungsklage gegen Abrechnungsbescheid unzulässig. Abrechnungsbescheid Umsatzsteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Falle der Änderung der Bemessungsgrundlage erwirbt der Unternehmer im Zeitpunkt der Besteuerung des für die Leistung vereinbarten Entgelts einen aufschiebend bedingten Erstattungsanspruch, der in dem jeweiligen Berichtigungszeitraum nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG erfüllbar wird.
2. § 7 Abs. 5 GesO enthält eine Regelungslücke hinsichtlich solcher Fallgestaltungen, in denen eine Aufrechnungslage bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens noch nicht gegeben ist, weil die Forderung, gegen die der Aufrechnungsgläubiger aufrechnet, zu diesem Zeitpunkt lediglich aufschiebend bedingt und damit noch nicht erfüllbar im Sinne des § 387 Abs. 1 BGB ist. Da die §§ 54 Abs. 1, 55 Nr. 1 KO dagegen die Aufrechnung gegenüber Forderungen, die bei Eröffnung des Verfahrens noch aufschiebend bedingt waren, zulassen, ist die planwidrige Lücke in § 7 Abs. 5 GesO ist in entsprechender Anwendung durch Auslegung dergestalt zu schließen, dass über den Wortlaut des § 7 Abs. 5 GesO hinaus entsprechend § 95 Abs. 1Satz 3 InsO die Aufrechnung gegenüber einer aufschiebend bedingten Forderung zulässig ist, sofern diese nicht unbedingt wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.
3. Die neben einer Anfechtungsklage gegen den Abrechnungsbescheid erhobene Leistungsklage auf Auszahlung des (Umsatz-)steuerguthabens ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
Normenkette
AO 1977 §§ 47, 226; KO § 54 Abs. 1, § 55 Nr. 1; InsO § 95 Abs. 1 S. 3; GesO § 7 Abs. 5; BGB § 387 Abs. 1; UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 40 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
X…. GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts L…. vom 06.03.1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und die Klägerin zur Gesamtvollstreckungsverwalterin bestellt.
Am 05.02.1999 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1998 ein, die eine Umsatzsteuer von ./. 38.110,19 DM auswies. Aufgrund der sich anschließenden Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 25.06.1999 auf ./. 38.853,00 DM fest. Hierdurch ergab sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 36.964,68 DM, da durch die Klägerin in diesem Umfang Berichtigungen von vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens ausgeführten Umsätzen nach § 17 Umsatzsteuergesetz -UStG- wegen Uneinbringlichkeit der Forderungen vorgenommen worden waren.
Das Guthaben verrechnete der Beklagte mit Investitionszulagenrückforderungen 1993 und 1994 und teilte dies der Klägerin durch Umbuchungsmitteilung mit. Die Klägerin widersprach der Verrechnung und beantragte die Erteilung eines Abrechnungsbescheides. Am 09.06.2000 erließ der Beklagte einen entsprechenden Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 1998. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 26.07.2000 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Ursache für das Umsatzsteuerguthaben bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens liege, da die den uneinbringlich gewordenen Forderungen zugrunde liegenden Ausgangsrechnungen den Zeitraum Februar bis Mai 1997 betreffen. Wegen des unlösbaren Zusammenhangs mit den ursprünglichen Leistungen der Gemeinschuldnerin sei der Erstattungsanspruch bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens begründet und daher gemäß § 7 Abs. 5 Gesamtvollstreckungsordnung -GesO- aufrechenbar.
Die Klägerin beantragt,
- den Abrechnungsbescheid vom 09.06.2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.04.2001 aufzuheben.
- den Beklagten zu verpflichten, das Umsatzsteuerguthaben aus 1998 in Höhe von 36.964,68 DM gemäß Umsatzsteuerbescheid vom 25.06.1999 an die Klägerin als Gesamtvollstreckungsverwalterin X…. GmbH auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Klageantrag zu 1. ist nicht begründet.
Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der von der Klägerin zugunsten der Gesamtvollstreckungsmasse geltend gemachte Umsatzsteuererstattungsanspruch ist durch wirksame Aufrechnung des Beklagten erloschen (§§ 47, 226 Abgabenordnung -AO- i.V.m. § 389 Bürgerlichers Gesetzbuch -BGB-). Dem Umsatzsteuerguthaben in Höhe von 39.964,68 DM standen im Zeitpunkt der Aufrechnung zumindest gleichhohe vorkonkursliche Ansprüche des Beklagten auf Rückzahlung von Investitionszulagen gegenüber. Die ...