Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungskostenanteil in den Beiträgen zu einer steuerpflichtigen Kapitallebensversicherung nicht als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abziehbar. Zulässigkeit der Ersetzung einer ermessensfehlerhaften Teileinspruchsentscheidung während des Klageverfahrens durch eine Einspruchsentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind die Zinsen aus den Sparanteilen einer vor 2005 abgeschlossenen, vorzeitig gekündigten Kapitallebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG a. F. steuerpflichtig, darf der Steuerpflichtige den zuvor in den Beiträgen zur Kapitallebensversicherung enthaltenen Verwaltungskostenanteil (für Verwaltungsaufgaben, Abschluss- und Inkassokosten des Versicherungsunternehmens) mangels eines ausreichenden Zurechnungszusammenhang mit den steuerpflichtigen Einnahmen nicht als Werbungskosten bei seinen Kapitaleinkünften abziehen, wenn er einen einheitlichen Versicherungsbeitrag geleistet hat, es der alleinigen Disposition des Versicherers oblag, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe die ihm entstandenen Verwaltungskosten getilgt wurden und wenn ferner der Steuerpflichtige nicht Schuldner der Verwaltungskosten war und der Versicherer auch keinen konkreten Rechtsanspruch auf Ersatz der auf die Sparanteile entfallenden Abschluss- und Verwaltungskosten hatte. Dies ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
2. Das FA ist befugt, bei bereits anhängiger Anfechtungsklage lediglich die Teileinspruchsentscheidung isoliert von dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt aufzuheben und unter Wahrung eines zeitlichen Zusammenhangs durch eine erneute Einspruchsentscheidung zu ersetzen; obwohl es sich bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt um einen Teileinspruchsbescheid handelt, ist die von § 68 S. 1 FGO geforderte Identität des Regelungsbereiches beider Verwaltungsakte zu bejahen, wenn sowohl der ursprüngliche Teileinspruchsbescheid als auch der neu erlassene Einspruchsbescheid dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand betreffen.
Normenkette
EStG 2006 § 9 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2; EStG 2002 § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 1; AO § 367 Abs. 1, 2a; FGO § 68 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger und der Beklagte bis zum 19. Juni 2012 jeweils zu 50 v.H., für die Zeit danach die Kläger zu 100 v.H. zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der in den Beiträgen zu einer Kapitallebensversicherung enthaltene Verwaltungskostenanteil bei dem Kläger als Versicherungsnehmer zu berücksichtigende Werbungskosten darstellt.
Der Kläger schloss zum 1.8.1993 mit der XY Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit (im Folgenden: XY) unter der Versicherungsnummer … eine Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall auf zwei verbundene Leben kombiniert mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab. Die Lebensversicherung unterlag einer planmäßigen Erhöhung. Die Versicherungssumme belief sich auf 50.000,– DM. Technischer Beginn der Versicherung war der 1.8.1993. Als Zeitpunkt des Ablaufs der Kapitalversicherung war der 1.8.2018 vereinbart.
Der jährliche Tarifbeitrag betrug 1.744,– DM, der in Höhe von 1.694,– DM (843,12 EUR) auf die Lebensversicherung und in Höhe von 50,– DM (25,56 EUR) auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung entfiel.
Zum 1.8.1994 wurde eine Vertragsänderung wegen planmäßiger Erhöhung wirksam. Die Versicherungssumme erhöhte sich auf 52.890,– DM. Der jährliche Tarifbeitrag erhöhte sich auf 1.848,60 DM. Hiervon entfielen 1.795,71 DM (918,13 EUR) auf die Kapitalversicherung und 52,89 DM (27,04 EUR) auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
Zum 1.8.1995 erfolgte eine erneute Vertragsänderung wegen planmäßiger Erhöhung. Die Versicherungssumme erhöhte sich auf 55.801,– DM, der Tarifbeitrag auf jährlich 1.959,50 DM. Auf die Kapitalversicherung entfielen 1.903,70 DM (973,35 EUR) und auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung 55,80 DM (28,53 EUR).
Der Kläger beantragte am 10.3.1996 bei der XY eine Erhöhung der Kapital-Lebensversicherung Nr. … um 87.000,– DM bei monatlicher Beitragszahlung.
Mit Wirkung zum 1.7.1996 wurde der Versicherungsvertrag neu gestaltet. Die planmäßige Erhöhung wurde aus dem Vertrag herausgenommen. Die Versicherungssumme wurde auf 148.000,– DM erhöht. Als technischer Beginn der Versicherung wurde der 1.7.1995, als Ablaufdatum der 1.7.2019 vereinbart.
Der monatliche Tarifbeitrag betrug 477,08 DM (243,93 EUR). Nach Überschussverrechnung betrug der monatlich zu entrichtende Beitrag 473,82 DM (242,26 EUR). Davon entfielen 460,8...