Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte inländische Erbschaftsteuerpflicht bei Erwerb durch Anwachsung nach französischem Recht. Kein Ausschluss der Erbschaftsteuerpflicht unter Berufung auf den Saarvertrag. Inländische GbR als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als „inländisches Betriebsvermögen” i. S. v. § 121 Nr. 3 BewG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tatbestände des ErbStG sind naturgemäß auf die Rechtsfiguren des deutschen Erbrechts zugeschnitten. Ob ein die steuerrechtliche Zurechnung rechtfertigender Erwerb aufgrund eines Rechtsinstituts ausländischen Rechts vorliegt, ist unter Anpassung der Rechtsstellung nach ausländischem Recht an die Strukturen des deutschen Rechts zu beantworten.
2. Haben in Frankreich ansässige Ehegatten in einem Ehevertrag „ihre vermögensrechtlichen Beziehungen dem französischen Recht” „clause d'attribution de la totalite de la communauté au conjoint survivant”, Art. 1526, 1524 Code Civil; CC) und „dem Güterstand der Gütergemeinschaft unterstellt” sowie eine Anwachsungsklausel gemäß Art. 1524 Abs. 1 CC vereinbart, so handelt es sich beim Erwerb des überlebenden Ehegatten nach dem Tod des anderen Ehegatten durch Anwachsung nach französischem Recht um einen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb, sodass der überlebende Ehegatte hinsichtlich des – vor dem Inkrafttreten des (erstmaligen) Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen vom 12.10.2006 (BGB lI 2007, 1402) erfolgten – Erbfalls mit dem in § 121 BewG abschließend aufgeführten Inlandsvermögen beschränkt steuerpflichtig ist.
3. Die inländische Erbschaftbesteuerung wird hinsichtlich des zum Bereich des Saarlandes gehörenden Inlandsvermögens nach dem Auslaufen der Übergangszeit des Saarvertrages am 5.7.1959 auch nicht unter dem Gesichtspunkt durch den Saarvertrag ausgeschlossen, dass der Saarvertrag auch nach Auslaufen der Übergangszeit im Verwaltungswege weiter angewendet worden ist; diese fragliche, ohne Rechtsgrundlage gehandhabte Verwaltungspraxis kann nur faktische Auswirkungen auf Fälle haben, die im gegenseitigen Einvernehmen abgewickelt werden.
4. Für die Frage der beschränkten Steuerpflicht „inländischen Betriebsvermögens” i. S. v. § 121 Nr. 3 BewG begründet die Existenz eines inländischen Betriebsunternehmens einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die inländische Besteuerung, auch wenn das Besitzunternehmen seine Geschäftsleitung im Ausland haben mag.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3; BewG § 121 Nr. 3; BGB §§ 1415, 1482, 1922; AO § 2; GG Art. 59 Abs. 2; EGBGB Art. 15, 25; Saarvertrag Art. 1 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger und seine verstorbene Ehefrau sind deutsche Staatsangehörige. Seit 1977 hatten die Eheleute ihren gemeinsamen Wohnsitz in … (Frankreich). Die Erblasserin verstarb am 1. Januar 2002. Die Eheleute verfügten über eine Reihe von Vermögensgegenständen im Inland. Der Rechtsstreit wird darum geführt, inwieweit das Inlandsvermögen der Erblasserin der Erbschaftsteuer unterliegt.
Die Eheleute waren (gesamthänderisch bzw. zu Bruchteilen) Eigentümer mehrerer inländischer Grundstücke in X und in Y. Des Weiteren hielten sie zu je ½ die Aktien der inländischen Z AG. Die Grundstücke wurden von der 1994 in X gegründeten Z GbR an die Z AG vermietet. Der Kläger war für die laufenden Geschäfte allein vertretungsbefugter Geschäftsführer der GbR. Er war zudem Vorstandsvorsitzender und alleiniger Geschäftsführer der Z AG. Die GbR erklärte infolge Betriebsaufspaltung im Inland gewerbliche Einkünfte. Ihre inländische Anschrift lautete „A-Straße, X”. An diese Adresse wurden auch die Steuerbescheide, Einheitswertbescheide und Gewerbesteuermessbescheide gerichtet. Die Eheleute hielten zudem die Anteile an der Z GmbH und an der B GmbH.
Kurz vor Eintritt des Erbfalls, am 27. Dezember 2001, vereinbarten die Eheleute, die bis dahin noch keinen Ehevertrag geschlossen hatten, am Krankenbett der Erblasserin in einer Klinik in X vor dem Vertreter des französischen Generalkonsuls notariell nach Art. 1526 des Code Civil (CC), „dass sie ihre vermögensrechtlichen Beziehungen dem französischen Recht und dem Güterstand der Gütergemeinschaft unterstellen”. Die Vereinbarung sollte sich auf die Güter erstrecken, deren Eigentümer die Eheleute bereits waren, mit Ausnahme ihrer in Deutschland gelegenen unbeweglichen Sachen, auf die weiterhin ihr deutscher Güterstand Anwendung finden sollte. Art. 2 der Vereinbarung enthielt eine Anwachsungsklausel auf den Todesfall gemäß Art. 1524 Abs. 1 CC. Die gemeinsame Tochter …, das einzige Kind der Eheleute, hat sich mit den Vereinbarungen ihrer Eltern durch notarielle Urkunde vom 20. Juli 2002 einverstanden erklärt. Aufgrund dieser Vereinbarung („A...