rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft eines zum Schein angestellten Subunternehmers. Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bei grober Verletzung der Mitwirkungspflichten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Eisenflechter, der zum Schein bei einer Baustahlarmierungsfirma angestellt war, tatsächlich aber als Kolonnenführer gegen eine nach Anzahl der eingesetzten Arbeitskräfte und der geleisteten Arbeitsstunden bemessene Vergütung Aufträge dieser Firma ausgeführt hat, wobei ihm frei stand, mit welchen Personen er die in Auftrag gegebenen Arbeiten verrichtet hat und welche Entgelte er diesen Personen hierfür gezahlt hat, ist nicht Arbeitnehmer, sondern ist als selbstständiger Subunternehmer anzusehen.
2. Wer seine Mitwirkungspflicht verletzt, soll nicht besser stehen als derjenige, der die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß aufzeichnet und erklärt. Bei groben Pflichtverletzungen (wie hier fehlenden Steuerklärungen), die darauf hindeuten, dass Einkünfte verheimlicht werden sollen, kann sich das Finanzamt bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren.
Normenkette
UStG 1993 § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1; AO 1977 §§ 90, 162
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger ist von Beruf Eisenflechter. 1994 war er bei der Firma C … angestellt und wurde für Baustahlarmierungsarbeiten eingesetzt (Bl. 2). In seiner Einkommensteuererklärung 1994 erklärte er Lohneinnahmen i.H.v. 11.241 DM und für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit Lohnersatzleistungen i.H.v. 14.831 DM sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. – 8.654 DM (ESt 1994). Im Zuge von Ermittlungen gegen Unternehmer der Baustahlarmierungsbranche wurden auch bei C und beim Kläger Steuerfahndungsprüfungen durchgeführt. Die (faktischen) Geschäftsführer der C, D, E, F und G sind durch Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 13. März 2003 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden (Bl, 35 ff.). Die Schlussberichte der Steuerfahndung vom 13. Juni 2000 (StEL-Nr. 000/00 betreffend C, Bl. 10 ff. Steufa) und 25. August 2000 (StEL-Nr. 000/00 betreffend den Kläger, Bl. 2 ff. Steufa) enthalten u.a. folgende Feststellungen und Folgerungen:
C hat ihre Stahlarmierungsarbeiten in größerem Umfang durch Subunternehmer ausführen lassen. Die Subunternehmer haben keine Lohn- und Umsatzsteuern angemeldet. Zudem hat C 1994 „Schwarzlöhne” gezahlt. Die Steuerfahndung ging davon aus, dass diese Beträge – wie in der betrügerisch agierenden Baustahlarmierungsbranche üblich – durch „Abdeckrechnungen” aufgefangen worden sind. U.a. unter dem Namen der Einzelfirma X – X – wurden C. Stahlverlegearbeiten i.H.v. 357.190,16 DM in Rechnung gestellt. Diese Leistungen wurden tatsächlich nicht von X sondern von verschiedenen Kolonnenführern, insbesondere von dem Kläger erbracht.
Aus den handschriftlichen Aufstellungen eines anderen Beschuldigten war für die Steuerfahndung erkennbar, dass der Kläger für die Leistungen seiner Kolonne pro Mann Stundenvergütungen i.H.v. 35 DM erhalten hat. Die Barzahlungen an den Kläger wurden seitens C zunächst auf ein Konto mit der Bezeichnung J (der Kläger trägt diesen Vornamen) verbucht. Die gesamten Zahlungen wurden später auf das Konto X umgebucht und mit Rechnungen der X abgedeckt. In den Rechnungen wurden Stundenvergütungssätze von 55 DM aufgeführt, um – so die Auffassung der Steuerfahndung – den Anschein der Legalität zu erwecken.
Der Kläger hat bei seiner Vernehmung durch die Steuerfahndung die Vorwürfe eingeräumt (Bl. 64 StrafA). Es seien aber nicht alle Leistungen, die mit Rechnungen der X abgedeckt wurden, von seiner Kolonne ausgeführt worden. Aus den bei der C vorgefundenen Unterlagen ergibt sich nach Auffassung der Steuerfahndung, dass der Kläger von C mindestens 98.346,95 DM erhalten hat. Hierbei blieben zugunsten des Klägers die Beträge unberücksichtigt, die zwar auf dem Konto J verbucht wurden, für die bei C aber keine Barzahlungsbelege vorgefunden werden konnten. Nach der Aussage des Mitbeschuldigten J habe die Kolonne des Klägers pro Mann und Monat ca. 200–250 Arbeitstunden erbracht. Die Arbeiten hätten ca. 4 Monate gedauert. Hiervon ausgehend (4 Monate à 200 Stunden, 5 Arbeiter, Stundenlohn: 35 DM) errechnete die Steuerfahndung einen Bruttoumsatz von 140.000 DM (netto = 121.739 DM). Da im Baustahlarmierungsbereich der Anfall von vorsteuerbelasteten Kosten für Subunternehmer äußerst gering sei, wurden die Vorsteuern mit einem Erfahrungssatz von 1 % der Umsätze geschätzt.
Der Beklagte hat sich den Feststellungen des Prüfers angeschlossen und am 27. September 2000 einen dementsprechenden Umsatzsteuerbescheid 1994 erlassen. Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens erhob der Kläger am 14. November 2001 Klage.
Er beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 27. ...