Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinsanspruch für eine zu Unrecht erhobene Einfuhrumsatzsteuer für den Zeitraum ihrer Entrichtung bis zu dem der Rückerstattung bei Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs
Leitsatz (redaktionell)
- Wird ein Rechtsstreit durch Aufhebung des zugrunde liegenden Steuerbescheids erledigt, kann der Kläger die Festsetzung seines – vom Beklagten bestrittenen – Anspruchs auf Erstattungszinsen in diesem Verfahren nach § 100 Abs. 4 FGO geltend machen, ohne zuvor ein Verwaltungsverfahren durchzuführen.
- Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Form der Umsatzsteuer, für die § 233a Abs. 1 AO systemgerecht eine Verzinsung vorsieht.
- Dem steht nicht entgegen, dass die Einfuhrumsatzsteuer in § 21 Abs. 1 UStG als Verbrauchsteuer im Sinne der AO bezeichnet wird (gegen FG Bremen, Urteil vom 28. April 1992 II 143/87 K, EFG 1992, 503).
Normenkette
AO § 233a Abs. 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 21 Abs. 1; FGO § 100 Abs. 4
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger begehren die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO für Einfuhrumsatzsteuer EUSt.
Der Beklagte nahm die Kläger als Gesamtschuldner mit Bescheiden vom 17.08.2001 für 232.164,66 DM Zoll und 37.146,35 DM EUSt in Anspruch. Auf den Einspruch und Antrag der Kläger setzte der Beklagte die Vollziehung der Bescheide gegen Sicherheitsleistung für die gesamten Einfuhrabgaben aus.
Am 12.12.2001 entrichtete der Kläger die Einfuhrabgaben und im folgenden Monat machte die Klägerin die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend.
Am 18.10.2007 erhoben die Kläger Untätigkeitsklage. Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2007 die angefochtenen Bescheide auf, erstattete die Einfuhrabgaben und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Mit Schriftsatz vom 29.01.2008 haben sich die Kläger der Erledigungserklärung hinsichtlich des angefochtenen und nunmehr aufgehobenen Steuerbescheids angeschlossen.
Zudem beantragten die Kläger, den Beklagten in entsprechender Anwendung des § 100 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung FGO zu verpflichten, hinsichtlich der erstatteten EUSt Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung AO festzusetzen. Die EUSt sei eine Form der Umsatzsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Umsatzsteuergesetzes UStG, so dass auf sie auch § 233a AO anzuwenden sei. Führe die Festsetzung der Umsatzsteuer zu einem Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 3 AO, sei dieser zu verzinsen, § 233a Abs. 1 AO. Werde die Festsetzung der Umsatzsteuer aufgehoben, sei die Zinsfestsetzung zu ändern, § 233a Abs. 5 AO. Sei bei der ersten Festsetzung eine Verzinsung unterblieben, seien die Zinsen anlässlich der Aufhebung festzusetzen (Anwendungserlass zur AO Nr. 44 zu § 233a). Der Zinslauf habe am 1. April 2002 begonnen. Der Beklagte sei für die Zinsfestsetzung zuständig gewesen, § 233a Abs. 4 AO.
Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es für den geltend gemachten Zinsanspruch auf einen Zinsschaden nicht an. Zudem sei ihnen ein Zinsschaden entstanden, weil die Mittel für die Zahlung der festgesetzten Einfuhrabgaben kurzfristig nicht zur Verfügung gestanden hätten, so dass Säumniszuschläge entstanden seien.
Die vom Beklagten zitierte Kommentierung von Dorsch widerspreche dem von ihnen geltend gemachten Zinsanspruch nicht.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, ihnen Erstattungszinsen nach § 233a AO in Höhe von 6.443 EUR festzusetzen.
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag auf Festsetzung der Zinsen abzulehnen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Eine Zinsfestsetzung komme nicht in Betracht, da der Kläger die EUSt zwar entrichtet, die A GmbH (Klägerin) aber die EUSt im Rahmen des Vorsteuerabzugs geltend gemacht habe. Daher sei den Klägern kein Schaden entstanden.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 28. April 1992, II 143/87 K, beziehe sich die Verzinsung nach § 233a AO nur auf die dort genannten Steuern. Einfuhrabgaben fielen ebenso wenig wie Verbrauchsteuern unter diese Vorschrift. Da die EUSt nach § 21 Abs. 1 UStG eine Verbrauchsteuer sei, sei für sie § 233a AO nicht anzuwenden.
Insoweit werde auch auf die Kommentierung in Dorsch, Zollrecht, zu § 21 UStG, Rz. 17 ff. verwiesen.
Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Die Kläger konnten die Festsetzung seines Zinsanspruchs ohne Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in diesem Verfahren nach § 100 Abs. 4 FGO geltend machen. Aus Gründen der Prozessökonomie erlaubt § 100 Abs. 4 FGO neben der Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts die Verpflichtung zur Verurteilung zur Leistung, die im Streitfall darin besteht, dass der Beklagte zum Erlass eines Zinsbescheides zu verpflichten ist.
Insoweit ist es unschädlich, dass der Beklagte den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Steuerbescheid aufgehoben hat und sich die Hauptsache erledigt hat. Zwar geht § 100 Abs. 4 FGO seinem Wortlaut und seiner Stellung im Gesetz nach vom Fall der ...