Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhängigkeit der Zollpräferenzen von der letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung bei Stahlseilen
Leitsatz (redaktionell)
- Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung nicht allein von einem Wechsel der KN-Position abhängig ist.
- Bei den einen solchen Positionswechsel fordernden Listenregeln der Europäischen Kommission zu Pos. 7312 KN handelt es sich nicht um einen verbindlichen Rechtsakt.
- In Nordkorea aus Litzen mit Ursprung in China hergestellte Stahlseile ohne Seele (Einlage) oder mit einer Seele aus einer Litze, einem Seil, einem Naturfaserstoff oder aus Kunststoff haben nichtpräferenziellen Ursprung in Nordkorea, wenn sie dort ihre letzte wesentliche Be- bzw. Verarbeitung i. S. des Art. 24 ZK erfahren haben.
Normenkette
ZK Art. 12, 24; ZK-DVO Art. 37 Unterabs. 2, Art. 38-39; KN Pos. 7312
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 31. Mai 2005 bei der Beklagten, ihr verbindliche Ursprungsauskünfte hinsichtlich der Herstellung von Stahlseilen in Werken in der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) aus Litzen mit Ursprung in der Volksrepublik China (China) zu erteilen. Die verzinkten und nicht überzogenen Litzen aus mehreren Drähten aus unlegiertem Kohlenstoffstahl werden in Nordkorea auf Verseilmaschinen zu einem Stahlseil verarbeitet. Dieses Stahlseil weist entweder keine Seele (Einlage) oder eine Seele aus einer Litze, einem Seil, einem Naturfaserstoff oder aus Kunststoff auf. Die Stahlseile werden je nach ihrem späteren Verwendungszweck abgelängt, gespleißt, verpresst, imprägniert, endlos gelegt, verknotet und/oder mit Beschlägen versehen.
Mit fünf verbindlichen Ursprungsauskünften vom 11. Januar 2006 entschied die Beklagte, dass der nichtpräferenzielle Ursprung der Stahlseile in China sei. Eine wesentliche Be- oder Verarbeitung der Litzen finde in Nordkorea nicht statt, weil die hergestellten Erzeugnisse nicht in eine andere Position der Kombinierten Nomenklatur (KN) einzureihen seien als die Litzen.
Gegen diese Auskünfte legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie vorbrachte: Art. 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK -) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) setze nach seinem Wortlaut, seiner Entstehungsgeschichte und seinem Zweck keinen Positionswechsel voraus. Das Erfordernis eines Positionswechsels für eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung ergebe sich auch nicht aus anderen Rechtsvorschriften. Die Listenregeln der Europäischen Kommission hätten keine Gesetzeskraft, seien mangels Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union unverbindlich und widersprächen der bisherigen Verwaltungspraxis. Art. 24 ZK sei keiner starren Auslegung zugänglich. Ein Positionswechsel könne allenfalls ein Indiz für die Herstellung eines neuen Erzeugnisses sein.
Die Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 17. Mai 2006 zurück und führte aus: Die zur Herstellung der Stahlseile in Nordkorea verwendeten Litzen chinesischen Ursprungs seien wie die Seile der Pos. 7312 KN zuzuweisen. Der nach den Listenregeln der Europäischen Kommission für die Annahme einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung erforderliche Positionswechsel liege deshalb nicht vor. Die Listenregeln seien im Internet veröffentlicht und wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur als maßgebliche Erkenntnismittel, an welche die Zollbehörden der Mitgliedstaaten gebunden seien, heranzuziehen. Darüber hinaus werde auch in Art. 37 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZK-DVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 253/1) im Bereich der Spinnstoffe und Waren daraus auf das Erfordernis eines Positionswechsel hingewiesen.
Die Klägerin hat am 13. Juni 2006 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Aus dem Erfordernis eines Positionswechsels für bestimmte andere Waren in Art. 37 Unterabs. 1 und Art. 39 ZK-DVO könne keine allgemeine Geltung dieser Voraussetzung hergeleitet werden. Die differenzierte Bewertung einzelner Waren in Anhang 11 zur ZK-DVO lasse vielmehr darauf schließen, dass grundsätzlich kein Positionswechsel für die Annahme einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung erforderlich sei. Das Erfordernis eines Positionswechsels gelte daher nur ausnahmsweise, wenn dies durch eine Verordnung angeordnet werde. Die Listenregeln der Europäischen Kommission, die im Internet nur in englischer Sprache verfügbar seien, seien nicht mit den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zu vergleichen, weil sie nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden seien.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte unter Aufhebung ihrer verbindlichen Ursprungsauskünft...